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Testamentsauslegung – Vorliegen einer adeligen Ehe als Sukzessionsvoraussetzung

AG Bad Berleburg – Az.: 2 Lw 3/17 – Beschluss vom 18.04.2019

Die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags des Antragstellers zu 1) erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.

Die sofortige Wirkung des Beschlusses wird ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses zurückgestellt.

Der Antrag des Antragstellers zu 2) wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner.

Der Antragsteller zu 2) hat die dem Antragsteller zu 1) entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Im Übrigen hat jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller streiten um die Nacherbfolge pp (im folgenden Erblasser genannt).

Der Erblasser wurde am …..

Das Testament vom 26.06.1943, welches er während des Krieges im Genesungsurlaub in Berleburg verfasste, enthält u. a. folgende Bestimmungen:

1

Im Falle meines Todes soll mein ältester Sohn Alleinerbe sein, jedoch nur Vorerbe auf Lebenszeit.

Zu Nacherben berufe ich den von meinem Vater, dem pp nach den Grundsätzen der Primogeniturordnung des Preußischen Allgemeinen Landrechts. Ich bestimme so viel Nacherbfälle, als nach dem Gesetz jeweils möglich sind. Bei dem gegenwärtigen Familienstand würden daher zu Nacherben in folgender Reichenfolge berufen sein: die männlichen Nachkommen meines Sohnes pp, mein Sohn pp und seine männlichen Nachkommen; mein Bruder pp und seine männlichen Nachkommen; zuletzt mein Bruder pp und seine männlichen Nachkommen. An den letzten dieser Nacherben richte ich die Bitte, den Besitz nach Maßgabe der dann geltenden Gesetze im gleichen Geist, wie in diesem Testament geschehen ist, für unsere Familie weiter zusammenzuhalten und zu sichern.

Die vorstehend berufenen Personen sollen nur Nacherben werden und bleiben, wenn sie im Besitz der Bügerl. Ehrenrechte und evangelischen Glaubens sind und aus einer Ehe stammen, und wenn sie eine Ehe eingehen bzw. in einer Ehe leben, mit einer Frau, die adlig geboren ist und hinsichtlich ihrer Abstammung die gegenwärtigen Aufnahmebedingungen für die Mitgliedschaft bei der Deutschen Adelsgenossenschaft erfüllen kann. Diese für die Nacherben festgelegten Bedingungen gelten auch für den Vorerben, bedeuten also eine Einschränkung der für den Vorerben im Absatz 1 aufgeführten Bestimmungen. Die Nacherbfolge tritt somit schon dann ein, wenn der Vorerbe zu seinen Lebzeiten gegen einen der in diesem Absatz aufgestellten Grundsätze verstößt.

Mein Bruder pp und seine männlichen Nachkommen treten in der Reihenfolge der Nacherben hinter meinen Bruder pp und seine männlichen Nachkommen, falls er selbst oder ein Mitglied der Linie pp beim Eintritt des Nacherbfalls in ganzem oder teilweisem Besitz der Herrschaft pp ist oder sonstige Vermögensvorteile aus der Erbschaft pp erhalten hat. Die beiden letzten Möglichkeiten müssen aber mindestens ein Sechstel des pp Besitzwertes zur Zeit des dortigen Erbfalles ausmachen.

4…

Für den Fall, dass weder eigene Söhne, noch deren männliche Nachkommen oder meine beiden Brüder und deren männliche Nachkommen Vor- oder Nacherbe werden oder sein können, setze ich zum Alleinerben meine älteste Tochter ein, jedoch nur als Vorerbe auf Lebenszeit. Alles, was in diesem Testament über Voraussetzung und Eintreten der Vor- und Nacherbschaft steht, gilt dann auch entsprechend für meine Töchter, so dass pp in die Rechte meines Bruders pp beispielsweise träte. Auch die auf Seite 1 aufgeführten Voraussetzungen für die Vor- und Nacherbschaft gelten in vollem Umfang mit der Maßgabe jedoch, dass der Sohn meiner Tochter und falls kein Sohn vorhanden, die Tochter meiner Tochter, auf den oder die der Besitz übergehen soll, jeweils aus einer Ehe mit einem Vater aus standesherrlichem Hause oder aus dem Hause ehemals deutscher Regierender stammt. Männliche Nachkommen aus solcher Ehe können dann wieder eine Adlige heiraten, um in den Genuss der Nacherbschaft kommen zu können.

…5…

Die Tätigkeit der Testamentsvollstrecker (T.V.) beginnt mit meinem Tode und endet, wenn ein Erbe zur Erbschaft gelangt, der nicht mehr vorerbenmäßig gebunden ist.

…7…

Alle vor Abfassung dieses Testaments getroffenen letztwilligen Verfügungen sind hiermit unwirksam.

Die Unwirksamkeit einer oder einzelner Bestimmungen dieses Testaments soll die Unwirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht zur Folge haben.

…8…

An meine Familie, zunächst aber vor allem an meine Kinder, richte ich folgende Bitte: Die Bestimmungen meines Testaments erscheinen vielfach hart. Bei seiner Abfassung habe ich mich aber ausschließlich von dem Gedanken leiten lassen, wie der Besitz meiner Familie am besten geschlossen und unverletzt der Familie erhalten werden kann. Den größten Schutz hierfür hat das frühere, nunmehr aufgehobene Fideikommißgesetz gebildet. Also müssen wir uns mit allen zulässigen Mitteln uns selbst schützen. Denn zu allen Zeiten, und in steten Abwandlungen aber gleichbleibendem Ziel wurde von außenstehenden Machtgruppen, bzw. von einzelnen Personen versucht, an dem Besitz zu rütteln, aus ihm Teile heraus zu reißen, bzw. ihn ganz einzustecken. Unkluge Maßnahmen andererseits, wie z.B. Verkauf von Grund und Boden, etc. zur Unzeit, Spekulationen haben seinen Wert gemindert. Klugheit, Vorsorge, vor allem aber auch Bescheidenheit und Verträglichkeit unserer Vorfahren und deren Angehörigen hat dies zum Besten der Familie sowie des ganzen Landes im Allgemeinen verhindert. Der Wert des Besitzes steht heute auf beachtlicher Höhe. Sein Wert kann noch weiter erhöht werden. Damit wachsen aber auch Neid und Habgier Außenstehender. Diesen sehr menschlichen Eigenschaften ist am besten durch ausgeprägtes Familienbewusstsein im Inneren, und nach außen mit der Tatsache zu begegnen, dass mit der Höhe des Besitzwertes der Wohlstand des Landes steht und fällt. – So habe ich meinen ältesten Sohn nicht lieber als meine jüngeren Kinder. Ich weiß, dass von meinen jüngeren 9Kindern große Bescheidenheit, ja sogar Opfer verlangt werden und gehe mit meiner Bitte an sie und meine weiteren Familienangehörigen sehr weit. Mein Testament enthält bestimmte Rentenaussetzungen. Sollten nun Zeiten eintreten, die den Bestand des Besitzes gefährden, so bitte ich die Rentenempfänger, auf diese Auszahlungen zeitweise teilweise oder ganz zu verzichten. Andererseits bitte ich den Vor- bzw. Nacherben, die wirtschaftlich ungünstigere Stellung der jüngeren Kinder, sowie ihre ev. Verzichte zu würdigen und nach Kräften zu helfen, wenn ein Familienmitglied in unverschuldete Not gerät. Meine jüngeren Kinder sollen stets das Gefühl, dass ihnen auch nach dem Tode der Eltern die Heimat voll erhalten bleibt. Mein Bestreben geht dahin, dass jedes meiner Kinder die Erziehung und Ausbildung erhält, die ihm geistig zugemutet werden kann, so dass es im Stande ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Ein nichts tuendes Familienglied entspricht nicht der Würde der Familie. Der Vor- und der Nacherbe werden trotz anscheinender Besserstellung ihr Leben lang Sorge und Mühe wegen Verwaltung und Zusammenhalten des Besitzes haben, was sehr nervenaufreibend ist. Die jüngeren Kinder sind hiervon verschont. Dafür sollen sie ihre Kraft ihrem Beruf widmen. Die von mir im Testament erneut festgelegten Familiengrundsätze wie Heirat adeliger Frauen, evangelischer Glauben etc. entspringen der Familientradition. Gerade in Zeiten, in denen vieles im Fluss ist, die stets wandelbaren allgemeinen Anschauungen manches als überaltert, ja sogar unmoralisch hinstellen mögen, ist es notwendig, eine klare und konsequente Linie zu bewahren, die in der Vergangenheit nur zum Guten der Familie ausgeschlagen ist und die nach wie vor auch heute ihre volle Berechtigung, ja sogar Notwendigkeit hat. Ich habe diese, meine Ansichten gerade als modern und nüchtern denkender Mensch frei von jeglichem Hochmut oder falschen Moralanschauungen nach eingehender Prüfung niedergelegt und bitte meine Kinder und Verwandte, Geist und Grundsätze des Testaments hochzuhalten und auf die Zukunft zu übertragen.

…10…

Die Forderung, dass die einheiratende Frau hinsichtlich ihrer Abstammung die gegenwärtigen Aufnahmebedingungen für die Mitgliedschaft bei der Deutschen Adelsgenossenschaft zu erfüllen hat, ist zum Schutz gegen die Einbringung „artfremden“ Blutes in die Familie aufgenommen. Es ist hierbei schärfster Maßstab anzulegen. Es bedeutet aber nicht, dass die Frau nur eine Deutsche sein darf.

Bezüglich des weiteren Inhalts des Testaments vom 26.06.1943 wird auf das Originaldokument in der beigezogenen Akte 4 IV 82/69, Bl. 13 – 18 R. d. A. Bezug genommen.

Mit dem handschriftlichen Testament vom 26.06.1943 wurde ein früheres notarielles Testament vom 10.01.1940 des Notars pp widerrufen.

In dem notariellen Testament vom 10.01.1940 heißt es unter anderem:

Für den Fall, dass aus meinem Grundbesitz auf den von mir gestellten Antrag ein Erbhof gebildet wird, ernenne ich meinen ältesten Sohn zum Anerben und Universalerben.

Falls meinem Antrage auf Bildung eines Erbhofes nicht stattgegeben wird, setze ich meinen ältesten Sohn pp zu meinem Universalerben ein, jedoch nur als Vorerben auf Lebenszeit. Als Nacherben bestimme ich den ältesten von seinen Söhnen sofern er zur Zeit des Eintritts der Nacherbfolge im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte, evangelischen Glaubens und aus einer Ehe ant stammt mit einer Dame, die adlig geboren ist und den gegenwärtigen Anforderungen für ein Mitglied in der deutschen Adelsgenossenschaft entspricht. Erfüllt der älteste Sohn diese Voraussetzungen nicht, so tritt der nächstälteste Sohn an seine Stelle als Vorerbe und so fort…

Bezüglich des weiteren Inhalts des notariellen Testaments vom 10.01.1940 wird auf das Originaldokument in der beigezogenen Akte 4 IV 82/69, Bl. 9 – 11 R. d. A. Bezug genommen.

Eine Eintragung des Grundbesitzes als Erbhof erfolgte nicht.

Im August 1948 wurden auf dem Grundbuchblatt Berleburg Band 54 Blatt 502 sowie Band 55 Blatt 512 und 513 Hofvermerke eingetragen. Zu den weiteren Einzelheiten wird insoweit Bezug genommen auf die beigezogenen Höfeakten zu Band 54 Blatt 502 und zu Band 55 Blatt 512 und 513 des Grundbuchs von Berleburg.

Das Nachlassgericht des Amtsgerichts Bad Berleburg hat am 10.08.1971 einen Erbschein erteilt (Amtsgericht Bad Berleburg 4 VI 160/17), der pp als Vorerben auswies. Zu den Einzelheiten des – durch Beschluss des Nachlassgerichts vom 23.06.2017 eingezogenen Erbscheins – wird Bezug genommen auf die beigezogene Akte 6 VI 160/70, Blatt 15.

Die Beteiligten zu 3), 4) und 5) sind ausweislich des vom Nachlassgericht am 23.06.2015 (Amtsgericht Bad Berleburg 4 VI 223/15) erteilten Testamentsvollstreckerzeugnisses Testamentsvollstrecker. Die Beteiligte zu 5) hat mit Schreiben vom 06.03.2019 die Kündigung ihres Amtes als Testamentsvollstreckerin erklärt.

Der Vorerbe ist am 13.03.2017 verstorben. Aus seiner Ehe mit pp sind ein Sohn – der Antragsteller zu 1) – sowie zwei Töchter – u.a. die Beteiligte zu 7) – hervorgegangen. Zum Nachlass gehört ein umfangreicher forstwirtschaftlicher Betrieb mit ca. 14.000 ha Waldfläche. Der Grundbesitz ist im Grundbuch von Bad Berleburg Blatt 221 als Hof gemäß der Höfeordnung eingetragen.

Der Beteiligte zu 12) hat am 24.04.2017 die Ausschlagung der Erbschaft erklärt.

Der am 12.01.1969 geborene Sohn des Vorerben, der Antragsteller zu 1) – Enkel des Erblassers – hat am 09.05.2017 beim Amtsgericht Bad Berleburg – Landwirtschaftsgericht – ein Hoffolgezeugnis bzw. Erbschein beantragt. Der Antrag auf ein Hoffolgezeugnis ist hilfsweise gestellt. Zu den Einzelheiten des Antrags wird Bezug genommen auf die Urkunde des Notars pp vom 09.05.2017, Bl. 94 – 97 d. A.

Der Antragsteller zu 1) ist der Auffassung, den Erblasser beerbt zu haben. Er erfülle die im Testament an den Nacherben gestellten Bedingungen. Die Heiratsklausel sei insgesamt nach § 138 BGB sittenwidrig und nichtig. Mit der Klausel habe der Erblasser insgesamt den verfassungswidrigen Zweck, die Familie gegen die Einbringung „artfremden“ Blutes zu schützen, verfolgt. Zudem könne eine Familientradition einer adeligen Heirat einen Eingriff in die Eheschließungsfreiheit nicht mehr rechtfertigen, da es solche Traditionen nicht mehr gebe. Schließlich habe er auch nicht gegen die Heiratsklausel verstoßen, da er nicht verheiratet sei. Das Testament könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ein Erbprätendent adelig verheiratet sein müsse. Das Testament sei weder erläuternd noch ergänzend dahingehend auszulegen, dass eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft mit einer Nichtadeligen einer Ehe mit einer Nichtadeligen gleichzustellen sei. Es gebe keinen Anhaltspunkt, dass der Erblasser eine so gewichtige Rechtsfolge, wie den Eintritt oder Nichteintritt einer Nacherbschaft über das Vermögen des Hauses pp vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer faktisch und rechtlich derart unbestimmten Lebensbeziehung wie der einer eheähnlichen Gemeinschaft habe abhängig machen wollen. Zudem lebe er nicht in einer faktischen Ehe mit pp. Es handele sich zwar um eine langjährige Beziehung mit gemeinsamen öffentlichen Auftritten, nicht jedoch um eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft, die auf einer inneren Bindung beruhe und die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründe. Auf das Erfordernis der Wirtschaftsfähigkeit im Sinne der Höfeordnung komme es nicht an, da die Höfeordnung erst nach der Testamentserrichtung erlassen wurde und damit nicht anwendbar sei. Das Erfordernis der Wirtschaftsfähigkeit ergebe sich auch nicht aus einer Auslegung des Testaments. Zudem sei er ausweislich der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer wirtschaftsfähig.

Der am pp geborene Antragsteller zu 2), Sohn des Bruders pp des Erblassers, hat am 11.05.2017 beim Amtsgericht Bad Berleburg – Landwirtschaftsgericht – einen Erbschein, der ihn als Hofvorerbe und seinen zweitältesten Sohn pp (geboren am pp) als Hofnacherben ausweisen soll, beantragt. Zu den Einzelheiten des Antrags wird Bezug genommen auf die Urkunde des Notars pp vom 11.05.2017, Bl. 100 – 105 d.A.

Der Antragsteller zu 2) ist der Auffassung, der Antragsteller zu 1) erfülle nicht die im Testament an den Nacherben gestellten Bedingungen, ebenso wenig wie mögliche weitere Erbprätendenten, nachdem sein älterer Bruder, der Beteiligte zu 12), die Erbschaft ausgeschlagen habe. Der Antragsteller zu 1) scheide als Erbe aus, da er gegen die Heiratsklausel verstoßen habe. Das Vorliegen einer adligen Ehe müsse festgestellt werden (Bezugnahme auf ein Privatgutachten von pp vom 02.04.2018). Die Klausel sei in Bezug auf den Teil „adlige Geburt der Ehefrau“ nicht sittenwidrig. Er meint unter Berufung auf ein Privatgutachten von pp vom 08.02.2017, dass sowohl die erläuternde Auslegung der Klausel als auch eine ergänzende Auslegung zu dem Ergebnis kämen, dass ein 47- jähriger Erbprätendent, der seit 12 Jahren in einem auf Dauer angelegten faktischen Eheverhältnis mit einer nicht adeligen Frau lebe, als Nacherbe ausscheide. Aus dem Testament ergebe sich, dass Nichtadeligen der Zugriff auf das Familienvermögen versagt werden solle. Bei einer auf Dauer angelegten eheähnlichen Gemeinschaft mit einer nichtadeligen Frau habe diese zumindest einen faktischen Einfluss auf das Familienvermögen. Das Verhalten von pp stelle daher eine Bedingungsvereitelung im Sinne von § 162 BGB dar. Schließlich fehle es dem Antragsteller zu 1) an dem Erfordernis der Wirtschaftsfähigkeit im Sinne der Höfeordnung. Diese sei trotz deren Erlass nach der Testamentserrichtung anwendbar, da die Besitzung zum Zeitpunkt des Nacherbfalls als Hof im Sinne der Höfeordnung eingetragen war und es ansonsten zu Widersprüchen mit den Grundgedanken zu dem zur Zeit des Nacherbfalls geltenden zwingenden Recht käme. Der Antragsteller zu 2) beruft sich insoweit insbesondere auf ein Privatgutachten von pp. Danach fehle im vorliegenden Fall eine sachliche Rechtfertigung, bei mangelnder Wirtschaftsfähigkeit den nach Höferecht berufenen Erben gegenüber einem vermeintlichen Erben nach bürgerlichem Recht zurückzusetzen. Sowohl nach erläuternder als auch ergänzender Testamentsauslegung stehe die Zielsetzung des Erblasser mit den Zielen der Höfeordnung nach einem wirtschaftsfähigen Nachfolger in Einklang. Angesichts des seit Jahrzehnten eingetragenen Hofvermerks verstoße ein Absehen von der Wirtschaftsfähigkeit gegen Treu und Glauben, da der Vorerbe, von seinem Recht, den Hofvermerk zu löschen, nie Gebrauch gemacht habe. Der Antragsteller zu 1) sei nicht wirtschaftsfähig. Er verfüge weder über eine für die Führung eines derartigen forstwirtschaftlichen Betriebes erforderliche Ausbildung noch sei er aufgrund praktischer Erfahrungen dazu in der Lage. Unter etwaiger Mitwirkung des Antragstellers zu 1) sei die Forstverwaltung seit 2003 unter Verstoß gegen gesetzliche und forstwirtschaftliche Verpflichtungen erfolgt, insbesondere wegen zu hohem Wildbestand, mangelhafter Wiederaufforstung und exzessiver Durchforstung.

Der Beteiligte zu 6) – Sohn des Beteiligten zu 9) – also Enkel des Erblassers – hat keinen eigenen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins/ Hoffolgezeugnisses gestellt. Er hält den Antragsteller zu 1) für vorrangig erbberechtigt. Sollte dieser nicht als Erbe berufen sein, gehe er dem Antragsteller zu 2) vor, da die Heiratsklausel insgesamt sittenwidrig und nichtig sei und er – sofern es darauf ankommen sollte – auch wirtschaftsfähig sei.

Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Antragsteller und Beteiligten wird auf deren bis zum 17.04.2019 eingelegten Schriftsätze einschließlich der Parteigutachten Bezug genommen.

Das Gericht hat am 08.03.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

Folgende Akten waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung:

Amtsgericht Bad Berleburg 4 IV 82/69:  Eröffnung der Testamente

Amtsgericht Bad Berleburg 6 VI 160/70:  Erbschein

Grundbuchauszug von Bad Berleburg Blatt 221

Höfeakten zu Band 55 Blatt 512 und 513 und zu Band 54 Blatt 502

Wegen der Einzelheiten der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 08.03.2019 Bezug genommen.

II.

Der Antragsteller zu 1) ist Nacherbe des Erblassers. Er erfüllt die im Testament vom 26.06.1943 an den Nacherben gestellten Bedingungen.

1.

Nach den Bestimmungen des Testaments ist zum Nacherben der vom Vater des Erblassers pp ausgehende Mannesstamm nach den Grundsätzen der Primogeniturordnung des Preußischen Allgemeinen Landrechts berufen; und zwar zunächst die männlichen Nachkommen des Sohnes pp (Vorerbe). Der Antragsteller zu 1) ist der einzige Sohn des Vorerben und damit vorrangiger Nacherbe.

Er erfüllt die weiteren Bedingungen des Testaments, nämlich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte und evangelischen Glaubens zu sein. Der Antragsteller zu 1) ist Mitglied der evangelischen Kirchengemeinde Bad Berleburg.

Schließlich stammt der Antragsteller zu 1) – wie es das Testament fordert – aus einer Ehe, nämlich der des Vorerben mit pp.

Der Antragsteller zu 1) ist nicht dadurch von der Nacherbfolge ausgeschlossen, dass er nicht – mit einer adligen Frau – verheiratet ist. Weder nach dem Wortlaut des Testaments noch nach erläuternder oder ergänzender Auslegung ist die Heirat einer adligen Frau Sukzessionsvoraussetzung. Nach dem Wortlaut des Testaments ist nur für den Fall, dass der Erbprätendent eine Ehe eingeht bzw. in einer Ehe lebt, erforderlich, dass die Frau adlig geboren sein muss.

Das Testament kann nicht erläuternd dahingehend ausgelegt werden, das Vorliegen einer adligen Ehe müsse festgestellt werden, so wie es der Antragsteller zu 2) unter Berufung auf ein Privatgutachten von pp vom 02.04.2018 fordert.

Die erläuternde Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen. Es ist gemäß § 133 BGB nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Vielmehr ist der Wortsinn der vom Erblasser benutzten Ausdrücke zu hinterfragen, um festzustellen, was er mit seinen Worten sagen wollte und ob er mit ihnen genau das unmissverständlich wiedergab, was er zum Ausdruck bringen wollte. Allein sein subjektives Verständnis hinsichtlich des von ihm verwendeten Begriffs ist maßgeblich. Ein Abweichen vom Wortsinn setzt allerdings voraus, dass Umstände vorliegen, aus denen geschlossen werden kann, dass der Erklärende mit seinen Worten einen anderen Sinn verbunden hat als es dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht. Zur Ermittlung des Inhalts der einzelnen Verfügungen ist der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher außerhalb des Testaments heranzuziehen und zu würdigen. Gelingt es trotz Auswertung aller Umstände nicht, sich von dem tatsächlich vorhandenen wirklichen Willen des Erblassers zu überzeugen, muss sich das Gericht damit begnügen, zu ermitteln, was dem Erblasserwillen mutmaßlich am ehesten entspricht, d.h. was der Erblasser vernünftigerweise gewollt haben kann.

(Palandt/Weidlich, 76. Auflage, § 2084 BGB Rn. 1, 2 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Feststellung einer adeligen Ehe zum Zeitpunkt des Nacherballs keine Sukzessionsvoraussetzung. Dies ergibt sich schon aus der unmissverständlichen Formulierung „und wenn sie eine Ehe eingehen bzw in einer Ehe leben…“. Der Erblasser war Jurist und Diplomat und – wie die Formulierungen im Testament zeigen – sprachlich sehr gewandt. Im Testament selbst unterscheidet er zwischen dem Erfordernis einer adeligen Geburt der Ehefrau der männlichen Nachkommen einerseits und dem Erfordernis einer erfolgten Heirat beim Übergang auf die weibliche Linie andererseits. Der männliche Nacherbe nach Primogeniturordnung muss – wenn er denn heiratet – eine adlige Frau heiraten. Heiratet er eine nichtadelige Frau, kann er entweder – wenn er zum Zeitpunkt des Nacherbfalls bereits mit einer Nichtadeligen verheiratet ist – nicht Nacherbe werden oder verliert als Vorerbe seine Rechtsstellung, wenn er im Laufe der Vorerbschaft eine nicht adelige Frau heiratet. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut „wenn sie eine Ehe eingehen“ – dies betrifft den Vorerben – und „bzw. in einer Ehe leben“ – dies betrifft den Zeitpunkt des Nacherbfalls – . Beim Übergang auf die weibliche Linie hingegen macht der Erblasser eine erfolgte Heirat zur Voraussetzung, wenn er auf Seite 4 des Testaments wie folgt verfügt: „Männliche Nachkommen aus solcher Ehe können dann wieder eine Adelige heiraten, um in den Genuss der Nacherbschaft kommen zu können.“

Weder nach den im Testament Bezug genommenen Regelungen der Primogeniturordnung des Preußischen Allgemeinen Landrechts noch nach den Regelungen des – zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bereits aufgehobenen – Fideikommissgesetzes – auf welches der Erblasser auf Seite 8 seines Testaments Bezug nimmt – ist derjenige von der Erbfolge ausgeschlossen, der nicht verheiratet ist. In dem widerrufenen früheren notariellen Testament ist das Bestehen einer Ehe mit einer adeligen Frau ebenfalls nicht vorausgesetzt. Schließlich war der Erblasser selbst zum Zeitpunkt der Übernahme der Herrschaft nach dem tödlichen Verkehrsunfall seines Vaters (noch) nicht verheiratet.

Auch eine ergänzende Auslegung führt nicht zur Bedingung, dass der Nacherbe zum Zeitpunkt des Erbfalls mit einer adeligen Frau verheiratet sein muss.

Eine ergänzende Auslegung dient zur Schließung planwidriger Lücken im Testament durch Anpassung der letztwilligen Verfügung. Es sind vor allem solche Lücken, die nachträglich durch Veränderungen zwischen Testamentserrichtung und Erbfall eingetreten sind und vom Erblasser weder vorausgesehen noch bedacht wurden. Steht fest, dass die letztwillige Verfügung angesichts der vom Erblasser damit verfolgten Ziele lückenhaft ist, hält sich auch die ergänzende Testamentsauslegung an den festgestellten Willen des Erblassers und richtet sich vorrangig an den in der Verfügung erkennbar festgelegten Zielen aus. Sie setzt also voraus, dass aus dem Gesamtbild des Testaments selbst eine Willensrichtung des Erblassers erkennbar ist, die tatsächlich in Richtung der vorgesehenen Ergänzung geht. Damit beruht sie auf einem realen Erblasserwillen bei Testamentserrichtung. Zu dessen Ermittlung ist nach allgemeinen Grundsätzen ein wenn auch geringer Anhaltspunkt im Testament selbst erforderlich, auch wenn er dann erst unter Heranziehung außerhalb des Testaments liegender Umstände oder der allgemeinen Lebenserfahrung endgültig festgestellt werden kann. Um das vom Erblasser gewollte, aber verfehlte Ziel zu erreichen, wird sein ermittelter hypothetischer Wille zur Geltung gebracht, also was der festgestellten Willensrichtung des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung als von ihm gewollt anzusehen sein würde, sofern er vorausschauend die spätere Entwicklung bedacht hätte.

(Palandt/Weidlich, 76. Auflage, § 2084 BGB Rn. 8-10 m.w.N.).

Vorliegend fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Dem Erblasser war bei Testamentserrichtung die Möglichkeit bewusst, dass ein Rechtsnachfolger zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht verheiratet ist. Bereits aus dem Testament selbst ergibt sich, dass der Erblasser die Rechtsnachfolge von Minderjährigen bedachte. Er hat das Testament während seines Genesungsurlaubs errichtet und musste ernsthaft damit rechnen, nach Rückkehr an die Front im Krieg zu fallen. Sein Sohn war gerade erst acht Jahre alt. Der Erblasser selbst übernahm die Herrschaft pp als er noch ledig war. Der Umstand, dass der Antragsteller zu 1) zum Zeitpunkt des Nacherbfalls 48 Jahre und unverheiratet war, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dem Erblasser waren sehr wohl auch ältere kinderlose Regierende wie zum Beispiel pp bekannt. Desweitern übernahm sein Vater im Jahre 1904 als noch lediger das Erbe über die Herrschaft pp von dessen unverheiratet und kinderlos gebliebenem Onkel pp. In Kenntnis seiner eigenen Familiengeschichte hat der Erblasser von seinen Nachfolgern „nur“ verlangt, dass wenn sie eine Ehe eingehen oder in einer Ehe leben die Ehefrau adelig geboren sein muss.

Unabhängig von der fehlenden Regelungslücke ist kein mutmaßlicher Wille dahingehend festzustellen, Nacherbe könne nur ein Verheirateter werden. Hätte der Erblasser verhindern wollen, dass ein unverheirateter Nachkomme Rechtsnachfolger wird, hätte er die Bedingung adelig verheiratet zu sein ausdrücklich – wie beim Übergang zur weiblichen Linie erfolgt – in das Testament aufgenommen.

Das Testament ist weder erläuternd noch ergänzend dahingehend auszulegen, dass ein 47-jähriger Erbprätendent, der seit 12 Jahren in einem auf Dauer angelegten faktischen Eheverhältnis mit einer nicht adeligen Frau lebt, als Nacherbe ausscheidet.

Unter Berücksichtigung der o.g. Grundsätze zur erläuternden Auslegung ist ein dahingehend gerichteter wirklicher Wille des Erblassers, dass ein in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit einer nicht adligen Frau lebender Nachkomme als Nacherbe ausscheidet, nicht festzustellen. Nichteheliche Beziehungen gab es auch zu Zeiten der Testamentserrichtung. Solche Verhältnisse waren dem Erblasser bekannt. Er wollte nichteheliche Kinder, die zwangsläufig aus nichtehelichen Beziehungen stammen, von der Erbfolge ausschließen, indem er verfügte, dass Nacherbe nur werden kann, wer aus einer Ehe stammt (Testament Seite 1). Die Regelungen im Testament beim Übergang auf die weibliche Linie können nicht zur Begründung der vom Antragsteller zu 2) vorgebrachten Auslegung dienen. Beim Übergang zur weiblichen Linie machte der Erblasser die Heirat mit einer Adeligen zur Voraussetzung, um in den Genuss der Nacherbschaft zu kommen, was er bei der vorrangigen Erbfolge der männlichen Nachkommen gerade nicht forderte. Insgesamt stellte der Erblasser höhere Anforderungen an die Nachkommen aus weiblicher Linie, indem er forderte, dass die als Nacherben in Betracht kommenden Kinder seiner Tochter aus einer Ehe mit einem Vater aus standesherrlichem Haus oder aus dem Hause ehemals deutscher Regierender stammten. Diese strengeren Anforderungen hat der Erblasser für die männlichen Nacherben nach Primogenitur gerade nicht aufgestellt. Diese sollten nur für den Fall, dass sie eine Ehe eingehen, eine adlig geborene Frau heiraten. Der wirkliche Wille des Erblassers war, dass zuvörderst die Erbfolge nach Primogenitur maßgeblich sein sollte, das Gebot der adeligen Heirat dahinter tritt und sich danach unterscheidet, ob der Rechtsnachfolger männlicher Nachkomme nach Primogenitur ist oder aus dem Übergang in die weibliche Linie entstammt. Es widerspricht daher dem wirklichen Willen des Erblassers über den eindeutigen Wortlaut hinaus einen Nacherben auszuschließen, der in einer nichtehelichen Beziehung mit einer nicht adligen Frau lebt oder – als Vorerbe – eine solche Beziehung eingeht, unabhängig davon, wie lange oder intensiv sich diese Beziehung gestaltet.

Die vom Erblasser auf Seite 8 des Testaments formulierten Bitten an seine Familie lassen einen Willen des Erblassers, Nacherben, die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit einer Nichtadeligen leben, auszuschließen, nicht erkennen. Dies würde zu einer vom Erblasser sicherlich nicht gewollten Unsicherheit führen, denn der Nacherbfall tritt nach den Bestimmungen des Testaments bereits dann ein, wenn der Vorerbe gegen die Heiratsklausel verstößt. Wann bei Eingehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Zeitpunkt der Nacherbfolge eintreten soll, wäre weder dem Testament zu entnehmen noch durch Auslegung zu ermitteln und würde den Eintritt des Nacherbfalls völlig unbestimmt machen und entsprechend ständig zum Streit unter den Erbprätendenten führen. Den Bestimmungen des Testaments ist vielmehr zu entnehmen, dass der Erblasser – als gelernter Jurist und Diplomat – auf Rechtssicherheit bedacht war. Er hat unter Bezugnahme auf die Primogeniturordnung des Preußischen Allgemeinen Landrechts nochmals klarstellend für seine Erbfolge die Reihenfolge der Erbprätendenten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung konkret aufgeführt. Auch wenn – wie beim Antragsteller zu 1)  – die nichteheliche Beziehung über mehrere Jahre andauert, hat eine solche Beziehung im Gegensatz zur gesetzlich geregelten Ehe keinen fest definierten Anfangs- und Endzeitpunkt.

Die vom Erblasser geäußerte Motivation, Außenstehende vor dem Zugriff auf das Familienvermögen abzuwehren, lässt nicht den Schluss zu, der Erblasser habe Nacherben, die eine nichteheliche Beziehung zu einer nichtadeligen Frau führen, ausschließen wollen. Die Bezugnahme auf das frühere, zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung aufgehobene Fideikommißgesetz und die geäußerte Bitte des Erblassers, sich vor solchen Personen zu schützen, die an dem Besitz rütteln und aus diesem Teile herausreißen wollen, war ein Motiv des Erblassers, die Heirat mit einer Nichtadeligen zu verhindern. Der rechtliche Einfluss einer Ehefrau des Erbprätendenten ist aber nicht mit dem Einfluss einer mit dem Erbprätendenten seit mehreren Jahren zusammenlebenden unverheirateten (nichtadeligen) Frau zu vergleichen. Gemäß § 1353 Abs. 1 BGB sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft kann zwar unter Umständen auch als Verantwortungsgemeinschaft gelten (Palandt/Brudermüller, 76. Auflage, Einl v. § 1297 BGB Rn. 3). Ihr wesentliches Merkmal ist jedoch ihre fehlende umfassende Rechtsverbindlichkeit und die bedingungslose Möglichkeit der grundsätzlich folgenlosen jederzeitigen Aufhebung der Partnerschaft (Palandt/Brudermüller, 76. Auflage, Einl v. § 1297 BGB Rn. 10).

Es ist nicht ersichtlich, dass der Erblasser davon ausging, ein nichteheliches Verhältnis des Nacherben mit einer Nichtadeligen stelle eine Gefahr für das Familienvermögen dar. Die Beziehung zwischen dem Antragsteller zu 1) und pp steht einer Ehe nicht gleich. Sie haben zwar viele Jahre gemeinsam im Schloss in Bad Berleburg gelebt und pp hat dort auch einige Räume nach ihren Vorstellungen eingerichtet. Sie sind auch auf zahlreichen Veranstaltungen zusammen aufgetreten und beide zusammen in der Todesanzeige des Vorerben aufgeführt. Anhaltspunkte für einen derart faktischen Einfluss auf das Familienvermögen, der dem rechtlichen Einfluss einer Ehefrau gleichkäme, sind nicht ersichtlich. pp arbeitet als Schriftstellerin. Weder aus den zahlreichen vorgelegten Presseartikeln noch aus der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer ergeben sich Anhaltspunkte, dass pp maßgeblichen Einfluss auf den forstwirtschaftlichen Betrieb – der im Wesentlichen den Nachlass und das Familienvermögen ausmacht – hatte oder hat nehmen wollen. Zudem sind der Antragsteller zu 1) und die 50-jährige pp kinderlos.

Die in § 162 BGB niedergelegten Rechtsgrundsätze zur Bedingungsvereitelung führen ebenfalls nicht zu einem Ausschluss des Antragsteller zu 1) als Nacherben. Insoweit ist wiederum maßgebend, dass der Erblasser eine adelige Heirat nicht zur Bedingung für den Nacherben vorgegeben hat. Ihm war auch – wie seine Ausführungen auf Seite 1 des Testaments zeigen – sehr wohl bewusst, dass irgendwann ein Nacherbe gleichsam auch Vollerbe wird. Ein solcher Nacherbe kann seine Erbschaft nicht mehr dadurch verlieren, dass er nach dem Nacherbfall gegen die Sukzessionsbedingungen verstößt, also zum Beispiel eine Nichtadelige heiratet. Dies war dem Erblasser als Juristen auch bewusst. Deshalb richtete er an den letzten dieser Nacherben die Bitte, den Besitz nach Maßgabe der dann geltenden Gesetze im gleichen Geist, wie in diesem Testament geschehen ist, für unsere Familie weiter zusammenzuhalten und zu sichern. Es ging dem Erblasser also vorrangig um den Erhalt des Besitzes innerhalb der Familie, der wie ihm aus der Familiengeschichte bewusst war, nicht zwangsläufig voraussetzte, dass der Nachkomme (mit einer adligen Frau) verheiratet war. Auch im Falle unverheirateter und kinderloser Regenten des pp Hauses wurden in der Vergangenheit Lösungen gefunden, den Besitz innerhalb der Familie zu erhalten. Der Vater des Erblassers hat dessen unverheirateten und kinderlosen Onkel pp zu einem Zeitpunkt beerbt als er selbst noch ledig war. Der Erblasser nimmt auf Seite 9 seines Testaments Bezug auf die in der Vergangenheit gelebten Familiengrundsätze und stellt fest, dass deren Bewahrung in der Vergangenheit nur zum Guten der Familie ausgeschlagen ist. Die Beziehung zwischen dem Antragsteller zu 1) und pp stellt keine Bedingungsvereitelung dar. Der Erblasser hat die adlige Heirat gerade nicht als aufschiebende Bedingung im Sinne von § 2074 BGB formuliert. Der Antragsteller zu 1) hat einen Bedingungseintritt nicht wider Treu und Glauben verhindert. Die Rechtswirkungen, die an das Eingehen einer Ehe gesetzt sind, bestehen zwischen ihm und pp gerade nicht.

Das Testament kann auch nicht ergänzend dahingehend ausgelegt werden, dass der Antragsteller zu 1) als Nacherbe ausscheidet, weil er seit mehreren Jahren in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der nichtadeligen pp lebt.

Für eine ergänzende Auslegung fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Dem Erblasser waren sowohl unverheiratete und kinderlose Nachfolger des Hauses pp bekannt als auch nichteheliche Beziehungen. Er hat im Testament klar und abschließend die Sukzessionsbedingungen für den Nacherben aufgeführt.

Es ist auch kein mutmaßlicher Wille dahingehend festzustellen, dass der Antragsteller zu 1), da er seit ca. 12 Jahren mit der nichtadeligen pp in einer Beziehung lebt, als Nacherbe ausscheiden soll. Dabei kommt es auf die Frage an, wie der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Hinblick auf die Beziehung der beiden das Testament modifiziert hätte. Zu berücksichtigen ist, dass es Motivation und Zwecksetzung des Erblassers war, den Besitz für die Familie zusammenzuhalten. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Erblasser, der ausdrücklich nur im Falle des Eingehens einer Ehe mit einer Nichtadeligen den Erbprätendenten von der Nachfolge hat ausschließen wollen, eine mehrjährige Beziehung mit einer Nichtadeligen als Ausschlusskriterium gewollt hätte. Der Erblasser hätte festgestellt, dass es zum Zeitpunkt des Nacherbfalls im Jahre 2017 nur noch sehr selten Ehen oder Beziehungen seiner männlichen Nachkommen mit adeligen Frauen gab. Die Mehrheit der männlichen Personen aus der Familie pp, die in gestufter Reihenfolge als Nach- und Ersatznacherben in Frage kommen, haben nichtadelig geborene Frauen geheiratet oder leben in Beziehungen mit nichtadeligen Frauen.

Eine solche Auslegung mit dem Ergebnis, dass ein Erbprätendent, der seit 12 Jahren in einer nichtehelichen Beziehung mit einer nicht adeligen Frau lebt, als Nacherbe ausscheidet, widerspricht zudem dem Gebot der wohlwollenden Auslegung, § 2084 BGB. Denn eine so weitreichende Ausdehnung der Heiratsklausel verstößt gegen die guten Sitten und hätte gemäß § 138 BGB die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge. Dabei kann dahinstehen, ob die Heiratsklausel an sich bereits in der Form sittenwidrig ist, dass nur dann, wenn der Nacherbe eine Ehe eingeht, diese mit einer adligen Frau erfolgen muss. Eine darüber hinausgehende Auslegung, die bereits das Eingehen einer dauerhaften Beziehung mit einer Nichtadeligen zum Ausschluss als Nacherbe führt, bzw. den Nacherbfall auslöst, verstößt jedenfalls gegen die guten Sitten. Dabei sind die Testierfreiheit des Erblassers aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und die Eheschließungsfreiheit des Erbprätendenten aus Art. 6 Abs. 1 GG gegeneinander abzuwiegen (BVerfG NJW 2004, 2008 „Hohenzollern“). Die Heiratsklausel darf auf den Erbprätendenten keinen unzumutbaren Druck bei der Eingehung der Ehe erzeugen (BVerfG a.a.O.). Wenn bereits eine längerdauernde nichteheliche Beziehung mit einer Nichtadeligen den Ausschluss von der Erbfolge bedeutet bzw. für den Vorerben den Eintritt des Nacherbfalls zur Folge hat, ist dieser bereits beim Eingehen einer Beziehung mit einer nichtadeligen Frau vor die Alternative gestellt, die Beziehung nach kurzer Zeit abzubrechen oder sich der „Gefahr“ zu begeben, seine Position als Erbe zu verlieren. Eine solche weitreichende Auslegung der Heiratsklausel beschränkt die Handlungsoptionen des Erbprätendenten in weitaus höherem Maße als die Heiratsklausel ihrem Wortlaut nach. Dem Erbprätendenten wäre bereits die Möglichkeit genommen, eine Beziehung mit einer nichtadeligen Frau einzugehen und dann zu entscheiden, ob die Beziehung in einer Heirat der nichtadligen Frau münden soll und er damit auf die Erbschaft „verzichtet“ oder von einer solchen Ehe Abstand nimmt, um in den Genuss der Erbschaft zu kommen. Es stellt einen unzumutbaren Druck dar, wenn der Erbprätendent, um sicher zu gehen, nicht gegen die weit ausgelegte Klausel zu verstoßen, überhaupt keine Beziehung zu einer nichtadeligen Frau eingehen darf, da er damit rechnen muss, dass – wie vorliegend geschehen – der Nacherbfall durch plötzlichen Tod eintritt. Eine solche Auslegung hätte zudem für den Vorerben zur Folge, dass völlig ungewiss ist, wann im Laufe einer nichtehelichen Beziehung mit einer nichtadeligen Frau der Nacherbfall eintritt. Diese erhebliche Rechtsunsicherheit begründet einen unzumutbaren Druck für den Nacherben und ist weder mit dem wirklichen Willen noch dem mutmaßlichen Willen des Erblassers – wie er im Testament zum Ausdruck kommt – in Einklang zu bringen.

Es gibt für eine solche weitgehende Auslegung keinen billigenswerten nachlassbezogenen Beweggrund. Eingriffe in die Eheschließungsfreiheit bedürfen der Rechtfertigung (BVerfG a.a.O). Eine wesentliche Rechtfertigungsgrundlage für eine bedingte Erbeinsetzung darf nicht weggefallen sein (BVerfG a.a.O.). Der Erblasser bezieht sich auf Seite 9 des Testaments auf die erneut festgelegten Familiengrundsätze wie Heirat adeliger Frauen. Es ist bereits fraglich, ob dieser Familiengrundsatz nicht bereits weggefallen ist, da nahezu fast sämtliche in gestufter Reihenfolge als Nach- und Ersatznacherben in Frage kommenden männlichen Personen nichtadelig geborene Frauen geheiratet haben oder in solchen Beziehungen leben. Jedenfalls rechtfertigt diese Familientradition der Heirat adeliger Frauen nicht auch darüberhinausgehend den Ausschluss von Erbprätendenten, die eine Beziehung mit einer nichtadeligen Frau eingehen.

Eine so weitgehend ausgelegte Heirats- bzw. „Beziehungsklausel“ verstößt gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 BGB und ist unwirksam.

Nach alledem ist die weitere Bedingung im Testament, dass die Ehefrau hinsichtlich ihrer Abstammung die gegenwärtigen Aufnahmebedingungen für die Mitgliedschaft bei der Deutschen Adelsgenossenschaft erfüllen kann, nicht relevant. Unabhängig davon, dass der Antragsteller zu 1) nicht verheiratet ist und eine ausdehnende Auslegung auf nichteheliche Beziehungen ausscheidet, ist diese Klausel jedenfalls gemäß § 138 BGB sittenwidrig und nichtig. Im Testament wird als Begründung für diese Voraussetzung der Schutz gegen die Einbringung „artfremden“ Blutes in die Familie genannt. Es handelt sich dabei um eine Anordnung dezidiert rassistischen Inhalts, der den Adressaten wegen des Merkmals, an das die Differenzierung anknüpft, nachhaltig in seiner würde herabsetzt.

2.

Auf das Erfordernis der Wirtschaftsfähigkeit des Antragstellers zu 1) kommt es nicht an. Weder ist die Höfeordnung auf den Nacherbfall anwendbar noch ergibt sich aus einer Testamentsauslegung, dass der Erblasser die Wirtschaftsfähigkeit im Sinn der Höfeordnung als Sukzessionsvoraussetzung gewollt hat.

Die Höfeordnung ist auf den hier zu entscheidenden Nacherbfall nicht anwendbar. Sie trat am 24.04.1947 in Kraft. Bis dahin galt das Erbhofgesetz vom 29.09.1933. Eine Eintragung der streitgegenständlichen Besitzung als Erbhof lag nicht vor. Die Eintragung von Hofvermerken im Grundbuch erfolgte im August 1948. Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers (mit Wirkung zum 31.12.1945 für tot erklärt) – auf den es hier ankommt – war die Höfeordnung noch nicht in Kraft.

Hatte ein im Jahr 1945 verstorbener Erblasser, dem eine – nicht unter die Erbhofgesetzgebung fallende – landwirtschaftliche Besitzung gehörte, einen Vorerben sowie mehrere Nacherben eingesetzt und trat der Nacherbfall nach dem Inkrafttreten der Höfeordnung ein, findet die Höfeordnung keine Anwendung (BGHZ 57, 186). Denn Vor- und Nacherben sind wahre Erben desselben Erblassers und ein- und derselben Erbschaft (BGH a.a.O.). Grundsätzlich richten sich Vor- und Nacherbfolge nach dem Recht, das für den Erbfall gegolten hat (BGH a.a.O.; OLG Oldenburg, Beschluss vom 06.07.1978 – 10 Wlw 18/78 -, juris).

Der Nacherbe beerbt nicht den Vorerben, sondern den ersten Erblasser, so dass es für die erbrechtliche Rechtsstellung allein auf den ersten Erbfall ankommt (OLG Hamm, Beschluss v. 27.09.2011 – 10 W 46/11, BeckRS 2012, 23891). Für die Nacherbenbestimmung ist es rechtlich ohne Bedeutung, ob ein in den Nachlass fallende Besitzung nach Eintritt des maßgeblichen Erbfalls die Hofeigenschaft erlangt oder verloren hat (OLG Hamm a.a.O.; BGH, Beschluss vom 11.10.2012 – BLw 14/11 -, juris).

Die Höfeordnung erlangte auch nicht für den im Jahr 1945 eingetretenen Erbfall rückwirkende Geltung. Zwar galten landwirtschaftliche Besitzungen, die aufgrund des Reichserbhofgesetzes und seinen Durchführungsbestimmungen bis zum Inkrafttreten der Höfeordnung von 1947 als Erbhöfe in die Höferolle eingetragen waren, gemäß der Übergangsbestimmung in § 19 Abs. 1 Höfeordnung a.F. nun als „Hof im Sinne der Höfeordnung“. Für die vom Erblasser vererbte Grundbesitzung traf dies jedoch nicht zu, da sie nicht als Erbhof eingetragen war. Grundeigentum – welches kein Erbhof war – vererbt sich bei Erbfällen vor dem Inkrafttreten der Höfeordnung von 1947 nach dem allgemeinen Recht, welches beim Eintritt des Erbfalls galt (OLG Hamm, Beschluss v. 27.09.2011 – 10 W 46/11, BeckRS 2012, 23891).

Weder aus einer erläuternden noch nach einer ergänzenden Auslegung des Testaments ergibt sich die Wirtschaftsfähigkeit als Sukzessionsvoraussetzung. Der Erblasser hat die Sukzessionsvoraussetzungen in Kenntnis der Nichteintragung der Besitzung als Erbhof abschließend im Testament festgehalten. Seine im Testament zum Ausdruck gekommenen Zielsetzungen wie „Wert noch weiter erhöht werden“, „zum Besten der Familie“, „Rentenanweisungen den Bestand des Besitzes nicht gefährden“ stehen zwar im Einklang mit Zielen der Höfeordnung, werden aber vom Erblasser nicht als Sukzessionsbedingungen formuliert. Das notarielle Testament von 1940 – welches zwar widerrufen und damit unwirksam ist, jedoch bei der Bestimmung des wirklichen und ggfls. mutmaßlichen Willens des Erblassers herangezogen werden kann – belegt, dass der Erblasser im Jahr 1940 beabsichtigte, die Besitzung als Reichserbhof eintragen zu  lassen. Bei Errichtung des maßgeblichen Testaments im Jahre 1943 ist davon keine Rede mehr, so dass dem Erblasser – insbesondere als Jurist – bewusst war, dass die Regelungen des Reichserbhofgesetzes für seinen Nachlass keine Anwendung finden würden. So auch nicht die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Reichserbhofgesetz, wonach der Bauer ehrbar und fähig sein muss, den Hof ordnungsgemäß zu bewirtschaften. In Kenntnis dessen hätte der Erblasser, wenn er denn die Wirtschaftsfähigkeit als Sukzessionsvoraussetzung gewollt hätte, dies ggfls. auch unter Bezugnahme auf die Regelung im Reichserbhofgesetz auch so testiert. Der juristische gebildete Erblasser hat in seinem Testament deutlich zwischen Sukzessionsvoraussetzungen, Bitten und Zielsetzungen unterschieden, die Wirtschaftsfähigkeit jedoch gerade nicht als Sukzessionsvoraussetzung formuliert. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass er selbst die die Herrschaft über das Haus pp im Jahr 1925 – in welchem er auch die Reifeprüfung bestand – übernahm und weder über eine forstwirtschaftliche Ausbildung noch über eine entsprechende Erfahrung in der Leitung eines solchen Betriebes verfügte. Später war er Jurist und Diplomat, zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung Soldat (Rittmeister).

Auch eine ergänzende Testamentsauslegung führt nicht zur Anwendung der Höfeordnung bzw. des Erfordernisses der Wirtschaftsfähigkeit des Erben. Es fehlt insoweit bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Wie der Inhalt des widerrufenen notariellen Testaments und die Nichterwähnung erbhöferechtlicher Regelungen im maßgeblichen Testament zeigen, war dem Erblasser bewusst, dass er die Wirtschaftsfähigkeit nur durch ausdrückliche Aufnahme im Testament – ggfls. unter Bezugnahme auf § 15 Reichserbhofgesetz – zur Sukzessionsvoraussetzung hätte machen können. Davon hat er in Kenntnis der Sach- und Rechtslage abgesehen.

Die eingetretene Rechtsänderung von einem landwirtschaftlichen Grundbesitz als „Nicht-Hof“ in einen eingetragenen „Hof“ während der Vorerbzeit verlangt ebenfalls nicht die Anwendung des höferechtlichen Sondererbrechts. Zum einen ist auf die Rechtslage des (ersten) Erbfalls abzustellen zum anderen war in § 19 Höfeordnung a.F. ausdrücklich geregelt, dass nur Höfe, die als Erbhöfe eingetragen waren, als Höfe im Sinne der Höfeordnung fortgalten. Die Höfeordnung enthielt insofern auch keine Regelungslücke.

Schließlich ist ein Berufen auf die Nichtgeltung höferechtlicher Erbfolgeregelungen unter Berücksichtigung des Nachlassumgangs nicht als treuwidrig anzusehen. In Kenntnis der in 1948 und 1970 erfolgten Eintragungen von Hofvermerken in den Grundbüchern wurde am 10.08.1971 ein Vorerbschein erteilt. Das etwaige Erfordernis einer Wirtschaftsfähigkeit des Vorerben wurde weder vom damaligen Antragsteller noch seitens des Gerichts erwähnt. Der Vorerbe war zum Zeitpunkt des Erbfalls gerade erst 11 Jahre alt war.

Nach alledem liegen die Sukzessionsvoraussetzungen in Bezug auf den Antragsteller zu 1) vor.

Der Antragsteller zu 1) ist Vollerbe geworden. Die im Testament verfügte Nacherbschaftsbindung durch Anordnung so vieler Nacherbfälle als nach dem Gesetz jeweils möglich sind, ist erloschen. Denn gemäß § 2109 Abs. 1 Satz 1 BGB wird die Einsetzung eines Nacherben mit Ablauf von 30 Jahren nach dem Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher der Fall der Nacherbfolge eingetreten ist. Dies wäre zum 31.12.1975 geschehen. Eine Ausnahme davon nach § 2109 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt nicht vor. Nach § 2109 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 BGB bleibt die Nacherbschaft wirksam, wenn die Nacherbfolge für den Fall angeordnet ist, dass in der Person des Vorerben oder des Nacherben ein bestimmtes Ereignis eintritt, und derjenige, in dessen Person das Ereignis eintreten soll, zur Zeit des Erbfalls lebt. Der Vorerbe hat zum Zeitpunkt des Erbfalls am 31.12.1945 bereits gelebt, weswegen sich die Nacherbfolge auch über die 30 Jahre verlängerte. Der am pp geborene Antragsteller zu 1) hat zum Zeitpunkt des Erbfalls am 31.12.1945 noch nicht gelebt, weswegen die Ausnahme nach § 2109 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 BGB nicht mehr greift. Seine Erbschaft erstarkt daher zur Vollerbschaft.

Die Testamentsvollstreckung ist beendet. Auf Seite 5 des Testaments ist angeordnet, dass die Tätigkeit der Testamentsvollstrecker endet, wenn ein Erbe zur Erbschaft gelangt, der nicht mehr vorerbenmäßig gebunden ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines allgemeinen Erbscheins, der den Antragsteller zu 1) als Erbe ausweist, liegen vor.

III.

Der Antrag des Antragstellers zu 2) ist zurückzuweisen.

Der Antragsteller zu 2) geht dem Antragsteller zu 1) nach der im Testament niedergelegten Erbfolge nach.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.

Die Antragsteller haben die Gerichtskosten zu tragen, § 22 GNotKG. Mehrere Kostenschuldner haften gemäß § 32 Abs. 1 GNotKG als Gesamtschuldner. Es wäre unbillig, der unterlegenen Partei die Erbscheinsgebühr aufzuerlegen (Horn/Krätzschel NJW 2016, 3350). Der Antragsteller zu 1) hätte – auch ohne einen eigenen Antrag des Antragstellers zu 2) – die Gerichtskosten für seinen Erbscheinsantrag zu tragen gehabt.

Der Antragsteller zu 2) hat gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG dem Antragsteller zu 1) dessen außergerichtliche Kosten zu tragen. Im Rahmen der Abwägung nach billigem Ermessen gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG kommt dem Maß des Obsiegens und Unterliegens besondere Bedeutung zu, namentlich in streitigen Nachlasssachen mit vermögensrechtlichem Schwerpunkt (OLG Düsseldorf FGPrax 2011, 207). Dem Sinn und Zweck des § 81 Abs. 1 FamFG unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte entspricht es, wenn das Gericht in seine Ermessensentscheidung sämtliche in Betracht kommenden Umstände einbezieht (BGH NJW-RR 2016, 200 (201)). Hierzu zählen neben dem Maß des Obsiegen und Unterliegens etwa die Art der Verfahrensführung, die verschuldete oder unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die familiäre und persönliche Nähe zwischen Erblasser und Verfahrensbeteiligten (BGH a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Umstände stehen vorliegend allein das Unterliegen und Obsiegen im Vordergrund. Zu Lasten des Antragstellers zu 2) ist lediglich die Tatsache seines Unterliegens zu berücksichtigen. Zu seinen Gunsten ins Gewicht fallende Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen, ihm die Erstattung der Kosten des Antragstellers zu 1) zu ersparen, sind nicht ersichtlich.

Im Übrigen entspricht es billigem Ermessen, dass die weiteren Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.

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