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Pflichtteilergänzungsansprüche – Zuziehungsrecht aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB

Tochter aus erster Ehe kämpft um ihr Erbe und deckt Ungereimtheiten im Nachlass ihres verstorbenen Vaters auf. Sie besteht auf ihr Recht, bei der Aufnahme des Vermögens dabei zu sein, und bringt damit die Alleinerbin, die zweite Ehefrau des Verstorbenen, in Bedrängnis. Im Fokus des Streits: ein unter Wert verkaufter PKW, der Zweifel an der korrekten Abwicklung des Erbes aufwirft.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Duisburg
  • Datum: 07.05.2024
  • Aktenzeichen: 11 O 196/23
  • Verfahrensart: Stufenklageverfahren auf Pflichtteils- und Auskunftsansprüche
  • Rechtsbereiche: Erbrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eine der beiden erstehelichen Töchter des Erblassers Q. W. C., die gegenüber der zweiten Ehefrau des Erblassers (Beklagte) Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche geltend macht. Sie fordert die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses und die Wertermittlung eines Fahrzeugs.
  • Beklagte: Die zweite Ehefrau des Erblassers Q. W. C. Sie wurde zur alleinigen Erbin im Testament bestimmt und ist verpflichtet, Auskunft zum Nachlass zu geben. Die Beklagte argumentierte, dass die Klägerin auf ihre Anwesenheit bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses verzichtet habe.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin, eine der Töchter des verstorbenen Erblassers Q. W. C., beansprucht von der zweiten Ehefrau des Erblassers die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses sowie die Wertermittlung eines an eine Familienangehörige veräußerten Fahrzeugs. Die Klägerin machte ihr Anwesenheitsrecht bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses geltend, das im bisherigen Verfahren nicht berücksichtigt wurde.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Beklagte verpflichtet ist, das notariellen Nachlassverzeichnis unter Beachtung des Anwesenheitsrechts der Klägerin neu zu erstellen und ein Gutachten über den Wert des PKWs zum Erbfall vorzulegen.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein notarielles Nachlassverzeichnis unter Beachtung des Anwesenheitsrechts der Klägerin zu erstellen. Zudem muss der Wert des Fahrzeugs durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden.
  • Begründung: Die Klägerin hat einen gesetzlichen Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis unter Berücksichtigung ihres Anwesenheitsrechts, das laut Gesetz bereits geltend gemacht wurde. Ein konkludenter Verzicht durch das Schreiben vom 12.04.2023 liegt nicht vor. Außerdem steht ihr ein Anspruch auf Wertermittlung des PKWs zu, um zu prüfen, ob der Verkaufspreis dem Verkehrswert entsprach.
  • Folgen: Die Beklagte muss das notariellen Nachlassverzeichnis unter Berücksichtigung des Anwesensheitsrechts der Klägerin neu erstellen und ein Gutachten für den PKW erbringen. Die Klägerin erhält dadurch die Möglichkeit, ihre Pflichtteilsansprüche besser nachzuvollziehen und durchzusetzen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 5.000 Euro vorläufig vollstreckbar.

Herausforderungen und rechtliche Feinheiten der Pflichtteilergänzungsansprüche im Erbrecht

Die Regelung des Erbrechts ist von großer Bedeutung, wenn es um die Verteilung des Nachlasses nach einem Todesfall geht. Ein zentraler Aspekt sind die Pflichtteilergänzungsansprüche, die Angehörige in bestimmten Fällen geltend machen können. Diese Ansprüche finden sich im § 2314 BGB und betreffen insbesondere das Zuziehungsrecht von Pflichtteilsberechtigten. Sie sichern, dass auch nach einer ungleichen Verteilung des Erbes, die gesetzlichen Erbansprüche nicht zu kurz kommen.

In der Praxis spielt die korrekte Anwendung dieser Regelungen eine entscheidende Rolle, insbesondere bei der Auslegung von Testamenten oder in Erbengemeinschaften. Ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet die Herausforderungen und rechtlichen Feinheiten im Zusammenhang mit diesen Pflichtteilergänzungsansprüchen und bietet wertvolle Einblicke, die für die Nachlassregelung und Testamentsvollstreckung von Bedeutung sind.

Der Fall vor Gericht


Pflichtteilsberechtigte Tochter erstreitet Recht auf Anwesenheit bei Nachlassaufnahme

Tochter und Stiefmutter sichten Verkaufsunterlagen eines PKWs am Küchentisch
(Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Landgericht Duisburg hat einer Tochter aus erster Ehe in einem Erbschaftsstreit umfangreiche Auskunftsrechte über den Nachlass ihres verstorbenen Vaters zugesprochen. Die Klägerin hatte nach dem Tod ihres Vaters am 18. Juni 2021 das ihr im Testament zugewandte Vermächtnis einer Immobilie ausgeschlagen und stattdessen Pflichtteilsansprüche geltend gemacht.

Streit um notarielles Nachlassverzeichnis

Die zweite Ehefrau des Verstorbenen, die als Alleinerbin eingesetzt wurde, hatte zwar ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellen lassen, jedoch ohne die Klägerin oder deren Bevollmächtigte hinzuzuziehen. Dies geschah, obwohl die Tochter ihr gesetzliches Anwesenheitsrecht bei der Erstellung des Verzeichnisses ausdrücklich geltend gemacht hatte.

Das Gericht stellte klar, dass die Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent auf ihr Recht verzichtet hatte. Auch ein Schreiben ihres Anwalts an den Notar, in dem lediglich eine Frist zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses gesetzt wurde, stelle keinen Verzicht auf das Anwesenheitsrecht dar.

Umfassende Auskunftspflicht und Wertermittlung

Das Gericht verpflichtete die Alleinerbin zur Vorlage eines neuen notariellen Nachlassverzeichnisses unter Hinzuziehung der Klägerin. Dieses muss detaillierte Angaben zu sämtlichen Vermögenswerten, Bankkonten, Wertpapierdepots, Lebensversicherungen und Verbindlichkeiten des Verstorbenen enthalten.

Besondere Aufmerksamkeit widmete das Gericht einem PKW D., der zum Nachlass gehörte und kurz nach dem Erbfall für 12.000 Euro an eine Familienangehörige verkauft worden war. Da der Wagen 2016 für etwa 34.000 Euro erworben wurde, ordnete das Gericht die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zur Wertermittlung zum Todeszeitpunkt an. Die große Diskrepanz zwischen An- und Verkaufspreis sowie die Veräußerung an eine Familienangehörige begründeten nach Ansicht des Gerichts Zweifel am tatsächlichen Verkehrswert.

Rechtliche Grundlage der Entscheidung

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 2314 BGB, der Pflichtteilsberechtigten einen umfassenden Auskunftsanspruch gewährt. Die wirtschaftliche Bedeutung dieses Rechts für den Pflichtteilsberechtigten erfordere eine besonders sorgfältige Prüfung möglicher Verzichtserklärungen. Die Beklagte muss für die Vollstreckung des Urteils eine Sicherheit von 5.000 Euro leisten.


Die Schlüsselerkenntnisse


„Das Landgericht Duisburg stärkt die Position von Pflichtteilsberechtigten bei der Nachlassermittlung fundamental. Ein einmal gegenüber dem Erben erklärtes Recht auf Anwesenheit bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses kann nicht durch bloßes Schweigen gegenüber dem Notar verloren gehen. Die Anforderungen an einen Rechtsverzicht sind besonders hoch, wenn es um wirtschaftlich bedeutsame Auskunftsrechte geht. Zudem muss bei Nachlassgegenständen, die unter Wert an Familienangehörige verkauft wurden, der tatsächliche Verkehrswert zum Todeszeitpunkt durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als pflichtteilsberechtigter Erbe haben Sie das Recht, bei der Aufstellung des Nachlassverzeichnisses durch einen Notar persönlich dabei zu sein oder einen Vertreter zu schicken – dieses Recht müssen Sie nur einmal gegenüber dem Erben geltend machen. Wenn Sie Zweifel am Wert von Nachlassgegenständen haben, die nach dem Erbfall verkauft wurden, können Sie die Erstellung eines Wertgutachtens verlangen, besonders wenn der Verkauf an Familienmitglieder erfolgte. Der Erbe muss Ihnen umfassende Auskunft über alle Vermögenswerte des Verstorbenen geben, von Bankkonten über Lebensversicherungen bis hin zu digitalen Vermögenswerten.


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Bei komplexen erbrechtlichen Fragen und der Durchsetzung Ihrer Pflichtteilsansprüche ist eine fundierte rechtliche Begleitung entscheidend. Unsere erfahrenen Anwälte analysieren Ihre individuelle Situation und zeigen Ihnen auf, wie Sie Ihre Rechte als Pflichtteilsberechtigter optimal wahren können. Lassen Sie uns gemeinsam die bestmögliche Strategie für die Sicherung Ihres rechtmäßigen Erbanteils entwickeln. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Auskunftsrechte habe ich als Pflichtteilsberechtigter gegenüber dem Erben?

Als Pflichtteilsberechtigter haben Sie einen umfassenden gesetzlichen Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB gegenüber dem Erben. Dieser Anspruch ist die Grundlage für die Durchsetzung Ihres Pflichtteilsanspruchs, der sich aus der Differenz zwischen Nachlassaktiva und Nachlasspassiva errechnet.

Umfang des Auskunftsanspruchs

Der Erbe muss Ihnen ein vollständiges Bestandsverzeichnis des Nachlasses vorlegen. Dieses muss nicht nur den zum Todeszeitpunkt vorhandenen Nachlass umfassen, sondern auch Informationen über den fiktiven Nachlass enthalten. Sie können dabei die Vorlage eines privatschriftlichen oder notariellen Verzeichnisses verlangen.

Wertermittlungsrecht

Sie haben das Recht, die Ermittlung des Wertes der Nachlassgegenstände zu verlangen. Bei Grundbesitz oder Firmenbeteiligungen können Sie die Einholung von Sachverständigengutachten fordern. Die Kosten für diese Wertermittlung trägt der Nachlass.

Besondere Auskunftsrechte

Der Auskunftsanspruch erstreckt sich auch auf:

  • Schenkungen des Erblassers in den letzten 10 Jahren vor dem Erbfall
  • Zuwendungen an den Ehegatten ohne zeitliche Begrenzung
  • Vermögensgegenstände, an denen sich der Erblasser Nießbrauch vorbehalten hat
  • Lebensversicherungen des Erblassers

Durchsetzung der Auskunftsrechte

Bei mangelhafter Auskunftserteilung können Sie die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Vollständigkeit und Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses verlangen. Dies ist besonders dann möglich, wenn der Erbe die Auskunft nur schleppend erteilt oder die Angaben vage erscheinen.

Der Erbe kann sich nicht darauf berufen, keine Kenntnisse vom Nachlass zu haben. Er muss sich die erforderlichen Informationen bei Banken, Grundbuchämtern oder anderen relevanten Stellen beschaffen. Eine bloße Überlassung von Belegen ohne strukturierte Aufbereitung der Informationen reicht nicht aus.


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Wie kann ich mein Recht auf Anwesenheit bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses durchsetzen?

Als Pflichtteilsberechtigter können Sie Ihr Anwesenheitsrecht bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB geltend machen. Dafür müssen Sie zunächst dem Erben gegenüber schriftlich erklären, dass Sie von Ihrem Anwesenheitsrecht Gebrauch machen möchten.

Praktische Durchführung

Der Erbe muss Ihnen daraufhin mehrere zumutbare Terminvorschläge für die Aufnahme des Nachlassverzeichnisses unterbreiten. Sie können dabei selbst entscheiden, ob Sie persönlich erscheinen oder sich durch einen Vertreter begleiten lassen möchten.

Umfang des Anwesenheitsrechts

Bei der Wahrnehmung Ihres Anwesenheitsrechts haben Sie folgende Möglichkeiten:

  • Sie können sowohl bei einem privaten als auch bei einem notariellen Nachlassverzeichnis anwesend sein
  • Sie dürfen einen Beistand oder rechtlichen Vertreter mitbringen
  • Sie haben das Recht, dem Notar „über die Schulter zu schauen“ und die vorgelegten Unterlagen einzusehen

Grenzen des Anwesenheitsrechts

Beachten Sie, dass Ihr Anwesenheitsrecht ein reines Beobachtungsrecht darstellt. Sie können:

  • keine eigenen Nachforschungen anstellen
  • keine Erklärungen des Erben in Zweifel ziehen
  • keine aktive Mitwirkung bei der Erstellung des Verzeichnisses verlangen

Wenn der Erbe Ihr Anwesenheitsrecht nicht respektiert, können Sie dieses im Klageweg durchsetzen. Das Recht besteht allerdings nur bei der eigentlichen Aufnahme des Verzeichnisses, nicht bei vorbereitenden Handlungen.


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Was muss ein notarielles Nachlassverzeichnis enthalten?

Ein notarielles Nachlassverzeichnis muss eine vollständige Aufstellung aller Vermögenswerte (Aktiva) und Verbindlichkeiten (Passiva) des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes enthalten.

Allgemeine Angaben

Im Verzeichnis müssen zunächst die grundlegenden Informationen zum Erblasser dokumentiert werden, darunter Name, Todestag, letzter Wohnsitz sowie Angaben zum Güterstand bei verheirateten Personen.

Aktivvermögen

Das Aktivvermögen umfasst sämtliche Vermögenswerte des Erblassers, insbesondere:

Geldvermögen und Bankguthaben:

  • Bargeld und Kontostände
  • Wertpapierdepots
  • Spar- und Bausparverträge

Immobilien und Sachwerte:

  • Grundstücke und Immobilien mit detaillierten Objektinformationen
  • Wertgegenstände wie Schmuck, Kunst oder Antiquitäten
  • Fahrzeuge mit Angaben zu Marke, Modell, Baujahr und Kilometerstand

Passivvermögen

Zu den aufzunehmenden Verbindlichkeiten gehören:

  • Bestehende Kredite und Darlehen
  • Offene Rechnungen
  • Bestattungskosten
  • Verbindlichkeiten aus Steuern

Der Notar muss bei der Erstellung eigene Ermittlungen durchführen und darf sich nicht ausschließlich auf die Angaben des Erben verlassen. Auch Vermögenswerte, an denen der Erblasser nur Miteigentum hatte, müssen im Verzeichnis aufgeführt werden.

Bei beweglichen Gegenständen wie Hausrat ist eine sinnvolle Gruppierung möglich, sofern diese keine besonderen Werte darstellen. Gegenstände mit erkennbarem Verkehrswert müssen jedoch einzeln aufgeführt werden.

Die Kosten für die Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses trägt der Nachlass. Der Pflichtteilsberechtigte hat das Recht, bei der Erstellung des Verzeichnisses anwesend zu sein.


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Wann ist ein Sachverständigengutachten zur Wertermittlung des Nachlasses erforderlich?

Ein Sachverständigengutachten ist erforderlich, wenn der Pflichtteilsberechtigte ein schutzwürdiges Interesse an der Wertermittlung hat und den Wert der Nachlassgegenstände nicht anderweitig ermitteln kann.

Voraussetzungen für einen Wertermittlungsanspruch

Der Pflichtteilsberechtigte hat nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB einen gesetzlichen Anspruch auf die Vorlage eines Sachverständigengutachtens, wenn die Wertermittlung für die Berechnung seines Pflichtteils notwendig ist. Dies ist besonders relevant bei:

  • Immobilien und Grundstücken
  • Kunstsammlungen und Antiquitäten
  • Unternehmensbeteiligungen
  • Wertvollen Sammlungen

Durchführung der Wertermittlung

Der Erbe muss das Gutachten auf Kosten des Nachlasses in Auftrag geben. Dabei gilt:

  • Der Erbe wählt den Sachverständigen aus
  • Der Gutachter muss unparteiisch, aber nicht öffentlich bestellt sein
  • Bei Immobilien müssen zusätzlich Grundbuchauszüge, Grundrisse und relevante Unterlagen vorgelegt werden

Besonderheiten bei Immobilien

Bei Immobilien kann in Hessen auch eine ortsgerichtliche Schätzung ausreichen. In anderen Bundesländern können entsprechende Gutachterausschüsse diese Aufgabe übernehmen. Wurde eine Immobilie kurz nach dem Erbfall verkauft, wird in der Regel der tatsächliche Verkaufspreis für die Pflichtteilsberechnung herangezogen.

Der Wertermittlungsanspruch muss innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist ab dem Erbfall geltend gemacht werden. Das erstellte Gutachten ist dabei nicht bindend – der Pflichtteilsberechtigte kann auch einen anderen Wert seiner Berechnung zugrunde legen.


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Welche Folgen hat der Verzicht auf Auskunftsrechte im Erbfall?

Ein Verzicht auf Auskunftsrechte im Erbfall hat weitreichende rechtliche und praktische Konsequenzen für die Durchsetzung erbrechtlicher Ansprüche.

Unmittelbare Auswirkungen

Wenn Sie auf Ihre Auskunftsrechte verzichten, verlieren Sie die Möglichkeit, detaillierte Informationen über den Nachlassbestand zu erhalten. Dies bedeutet konkret, dass Sie keine Kenntnis über die genaue Zusammensetzung und den Wert des Nachlasses erlangen können.

Rechtliche Konsequenzen

Der Verzicht auf Auskunftsrechte erschwert oder verhindert die Durchsetzung weiterer Ansprüche. Ohne die notwendigen Informationen können Sie Ihren Pflichtteilsanspruch nicht präzise beziffern und durchsetzen. Ein konkludenter Verzicht kann bereits dann vorliegen, wenn Sie über längere Zeit keine Auskunft verlangen.

Praktische Einschränkungen

Nach einem Verzicht haben Sie keinen Anspruch mehr auf:

  • Zuziehung bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses
  • Wertermittlung der Nachlassgegenstände
  • Einsicht in Belege und Unterlagen
  • Informationen über Schenkungen zu Lebzeiten des Erblassers

Die einzige Alternative zur Informationsbeschaffung wären dann eigene Nachforschungen, die jedoch stark eingeschränkt sind, da Sie keinen direkten Zugang zum Nachlass haben.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Pflichtteilsansprüche

Ein gesetzlich garantierter Mindestanteil am Nachlass, den bestimmte enge Verwandte (Ehepartner, Kinder, bei kinderlos Verstorbenen auch Eltern) auch dann erhalten, wenn sie im Testament nicht bedacht oder enterbt wurden. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanteils und ist in §§ 2303 ff. BGB geregelt. Wenn beispielsweise ein Vater seine Tochter enterbt und alles seiner zweiten Ehefrau vermacht, kann die Tochter dennoch ihren Pflichtteil in Form eines Geldanspruchs einfordern.


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Nachlassverzeichnis

Eine detaillierte Aufstellung aller zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Todes. Gemäß § 2314 BGB muss es auf Verlangen eines Pflichtteilsberechtigten notariell erstellt werden. Es dient als Grundlage für die Berechnung der Pflichtteilsansprüche und muss alle Vermögensgegenstände wie Immobilien, Bankguthaben, Wertpapiere und auch Schulden enthalten.


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Vermächtnis

Eine testamentarische Verfügung, durch die der Erblasser einem Begünstigten (Vermächtnisnehmer) einen bestimmten Vermögensvorteil zuwendet, ohne ihn zum Erben einzusetzen (§§ 2147 ff. BGB). Anders als der Erbe erhält der Vermächtnisnehmer nur einen Anspruch auf bestimmte Gegenstände oder Werte, trägt aber keine Verantwortung für Nachlassverbindlichkeiten. Beispiel: Der Erblasser vererbt sein Haus an seine Ehefrau, vermacht aber seiner Tochter ein bestimmtes Gemälde.


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Ausschlagung

Die förmliche Erklärung, eine Erbschaft oder ein Vermächtnis nicht anzunehmen (§§ 1942 ff. BGB). Die Ausschlagung muss innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Erbfall gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Sie kann sinnvoll sein, wenn der Nachlass überschuldet ist oder – wie im Text – stattdessen Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden sollen.


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Alleinerbe

Eine vom Erblasser durch Testament oder Erbvertrag bestimmte Person, die den gesamten Nachlass alleine erhält (§ 1922 BGB). Der Alleinerbe tritt in alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen ein, übernimmt aber auch alle Nachlassverbindlichkeiten. Dies unterscheidet sich von einer Erbengemeinschaft, bei der mehrere Personen gemeinsam erben.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2204 BGB: Diese Regelung betrifft das Recht auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Der Erbe muss dem Pflichtteilsberechtigten auf Verlangen Auskunft über den Nachlass geben, um die Ansprüche gegenüber den Erben überprüfen zu können. Im vorliegenden Fall beantragt die Klägerin Auskunft über den Nachlass des Erblassers, um ihre Ansprüche dem Testament und den gesetzlichen Vorgaben entsprechend geltend zu machen.
  • § 2325 BGB: Dieser Paragraph regelt die Rechte von Pflichtteilsberechtigten in Bezug auf lebzeitige Zuwendungen des Erblassers. Sie können, unter bestimmten Voraussetzungen, einen Ausgleich für Schenkungen verlangen, die der Erblasser zu Lebzeiten gemacht hat. Hier fordert die Klägerin Informationen über eventuell relevante Schenkungen des Erblassers, um ihre Pflichterbansprüche zu klären und durchzusetzen.
  • ErbStG (Gesetz über Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer): Die Vorschriften des Erbschaftsteuerrechts betreffen die steuerliche Behandlung des Nachlasses. Insbesondere § 33 ErbStG ist relevant, da Banken zur Vorlage einer Anzeige bei der Erbschaftsteuerbehörde verpflichtet sind. Die Klägerin verlangt Auskunft über die Konten des Erblassers, was auch steuerliche Implikationen haben kann, falls es zu einer Erbteilungen oder Versteuerung kommt.
  • § 1922 BGB: Dieser Paragraph beschreibt den allgemeinen Erbfall und die Erbfolge. Er legt fest, dass das Vermögen des Erblassers mit seinem Tod auf die Erben übergeht. Für die Klägerin ist dies entscheidend, da die Erbfolge im Testament geregelt ist und sie als Tochter in die Erbmasse eintritt, um ihre Ansprüche geltend zu machen.
  • § 2044 BGB: Diese Regelung behandelt die Einziehung und den Einfluss der Erbmasse auf bestehende Verträge, insbesondere dann, wenn der Erbl während seines Lebens Vollmachten verliehen hat. Da die Beklagte möglicherweise Vollmachten erhalten hat, könnte dies Einfluss auf die Auskunftspflichten und den Nachlass haben. Die Klägerin benötigt Informationen über solche Vollmachten, um zu verstehen, ob Dritte auf den Nachlass Zugriff hatten und in welcher Form.

Das vorliegende Urteil

LG Duisburg – Az.: 11 O 196/23 – Teilurteil vom 07.05.2024


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