Erbschleicher und Erbschleicherei – Alles wichtige über Manipulationen und Straftaten rund um die Erbschaft.
Den alten Spruch „und ewig schleichen die Erben“ dürfte wohl jeder Mensch kennen, da der Spruch letztlich fast so alt ist wie die Menschheit selbst. Naheliegend und nachvollziehbar ist der Spruch ebenfalls, da der Mensch nun einmal kapitalistisch veranlagt ist und die Aussicht auf einen materiellen Zugewinn so manche Moral- und Wertevorstellungen in den Hintergrund drängt. Nicht selten sind es diejenigen Angehörigen eines Erblassers, die im Testament oder in der gesetzlichen Erbfolge nicht berücksichtigt werden, die den Verdacht der Erbschleicherei gegenüber einer begünstigten Person aussprechen. Dies geschieht zumeist in Verbindung mit der Äußerung, dass ein derartiges Vorgehen der Erbschleicherei doch eigentlich gesetzlich verboten gehört. Fakt ist jedoch, dass die Verdächtigung der Erbschleicherei mit Vorsicht ausgesprochen werden sollte und Fakt ist auch, dass der Gesetzgeber sich bereits längst dieser Thematik angenommen hat.
Der Gesetzgeber hat für die Begrifflichkeit der Erbschleicherei keine exakte Definition vorgesehen. Dementsprechend lässt die Erbschleicherei auch sehr viel Spielraum für Interpretationen zu.
Es gab bereits zahlreiche Fälle
Nicht verschwiegen werden darf der Umstand, dass die Erbschleicherei kein neues Prinzip darstellt und dass es überdies auch gewisse Personengruppen gibt, die anfällig für potenzielle Erbschleicher sind. Zu diesen Personengruppen gehören in der Regel sowohl wohlsituierte vereinsamte Erblasser als auch die nahestehenden Verwandten. Die Vorgehensweise der Erbschleicher ist dabei fast immer gleich: Zunächst wird sich das Vertrauen des Erblassers oder der erbenden nahestehenden Verwandten erschlichen und anschließend erfolgt eine Bereicherung durch einen Anteil an dem Nachlass.
Eine der Hauptproblematiken, die sich im Zusammenhang mit der Erbschleicherei stellt, ist das Prinzip der Testierfreiheit. Diese Testierfreiheit ist fest in dem deutschen Erbrecht verankert und besagt, dass ein Erblasser jede beliebige Person testamentarisch begünstigen darf.
Wird eine Person durch einen Erblasser zu Lebzeiten testamentarisch begünstigt, so ergibt sich daraus ein gesetzlich verankerter Anspruch auf einen Nachlasspflichtteil. Die begünstigte Person kann diesen Anspruch auch gegenüber anderen Erben rechtlich geltend machen. Bei dem Pflichtteil handelt es sich rechtlich betrachtet um einen schuldrechtlichen Anspruch, welcher zumeist auf einen ganz klar definierten Geldbetrag ausgelegt ist.
Die Vorgehensweise der Erbschleicher
Erbschleicher wissen über das geltende Erbrecht in Deutschland sehr genau Bescheid und kennen daher auch die Testierfreiheit sehr genau. Wer sich als Erbschleicher betätigt wird daher zunächst ein enges Verhältnis zu dem Erblasser oder dem erbenden Verwandten des Erblassers aufbauen und anschließend durch geschickte Manipulation eine eigene Begünstigung an dem Nachlass erreichen. Die Manipulation zielt darauf ab, dass der Erblasser oder der erbende Verwandte nicht mehr in seinem eigenen Sinne auf der Grundlage des eigenen freien Willens handelt, sondern stattdessen dem Willen des Erbschleichers entspricht. Erbschleicher versuchen in der Regel auch, den Kontakt des Erblassers oder des erbenden Verwandten zu anderen Verwandten bzw. Angehörigen weitestgehend zu unterbinden um die Stellung des „Alleinerben“ zu erhalten. In der Regel setzt der Erblasser dann ein eigenhändiges Testament auf, welches nicht selten erst nach dem Ableben von dem Erblasser wieder auftaucht.
Angehörige können sich wehren
Wenn erst einmal der Verdacht aufgekommen ist, dass ein Erblasser einer Erbschleicherin bzw. einem Erbschleicher auf den Leim gegangen ist, so gibt es dennoch für die Hinterbliebenen Möglichkeiten, sich entsprechend zur Wehr zu setzen. Mithilfe eines engagierten und fachlich kompetenten Rechtsanwalts sollte zunächst erst einmal geprüft werden, ob das vorhandene Testament rechtlich wirksam ist oder aufgrund von Formfehlern den Status der rechtlichen Unwirksamkeit hat.
Eine weitere Variante ist, das Testament aufgrund von
- Irreführung
- Drohung
gemäß § 2078 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anzufechten. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass es für die Anfechtung eine gesetzlich verankerte Frist von einem Jahr gibt.
Eine weitere Möglichkeit, der Erbschleicherei das Handwerk zu legen, ist die Erbunwürdigkeit des Erbnehmers. Ein Erbschleicher kann grundsätzlich durchaus unter bestimmten Umständen auch erbunwürdig sein. Die gesetzliche Grundlage für die Erbunwürdigkeit findet sich in dem § 2339 Bürgerliches Gesetzbuch.
Gem. § 2339 BGB ist diejenige Person als erbunwürdig anzusehen, die
- an dem Erblasser einen vorsätzlichen sowie auch widerrechtlichen Tötungsversuch unternommen hat
- einen Erblasser vorsätzlich sowie auch widerrechtlich getötet hat einen Erblasser in einen handlungsunfähigen Zustand versetzt hat, sodass der Erblasser die Testierfähigkeit verliert
- einen Erblasser an der Errichtung eines Testaments bzw. letztwilligen Verfügung gehindert hat
- einen Erblasser arglistig getäuscht hat
- einen Erblasser bedroht hat
- eine Schuld gem. §§ 267 sowie 271, 272, 273, 274 StGB (Strafgesetzbuch) auf sich geladen hat
Ist die Erbschleicherei grundsätzlich strafbar?
Auch wenn die Handlungsweise der Erbschleicherei auf jeden Fall als moralisch zutiefst verachtenswert angesehen werden muss, so ist Erbschleicherei in Deutschland nicht automatisch strafbar. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass der Gesetzgeber für die Erbschleicherei keinen eigenständigen Straftatbestand kennt. Ein eigener Straftatbestand ist jedoch zwingend erforderlich, um eine gewisse Handlungsweise oder ein gewisses Verhalten auch unter Strafe stellen zu können. Es ist jedoch durchaus denkbar, dass diejenige Person, welche die Erbschleicherei begeht, einzelne Straftatbestände im Rahmen der Handlungsweise verwirklicht.
Mögliche Beispiele hierfür wären
- Druck auf den Erblasser ausüben (Nötigung im Sinne des § 240 StGB)
- Täuschung des Erblassers (Betrug im Sinne des § 263 StGB)
- für den Erblasser das Testament aufsetzen oder einzelne Formulierungen verändern (Urkundenfälschung im Sinne des § 267 StGB)
- versuchter Mord (§ 211 StGB)
Die Erbschleicherei ist in der gängigen Praxis bei Weitem nicht so abwegig, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Auch wenn gewisse Handlungsweisen eher an einen Krimi aus TV / Kino erinnern bedeutet dies nicht, dass es in der Realität nicht zu derartigen Fällen kommen kann. Gerade dann, wenn besonders junge Partner plötzlich in das Leben einer älteren Person als Erblasser eintreten, liegt der Verdacht der Erbschleicherei sehr schnell sehr nahe. Dies mag jedoch daran liegen, dass Zweifel an den Gefühlen der jüngeren Person aufkommen, welche die ältere Person ja nur des Geldes wegen oder aufgrund der vorhandenen Erbmasse liebt. Gern wird dabei vergessen, dass die Liebe nicht selten sehr seltsame Wege geht und auch jüngere Menschen sich ehrlich in ältere Menschen verlieben können. Dies wird natürlich gerade dann in Zweifel gezogen, wenn die ältere Person als Erblasser aufgrund der Liebe ein neues Testament aufsetzt oder das bestehende Testament zugunsten des Partners ändert.
Es gibt natürlich die Möglichkeit für die Angehörigen des Erblassers, eine Anzeige gegen den vermeintlichen Erbschleicher zu erheben. Hierbei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass diese Anzeige auch mit entsprechenden Beweisen untermauert werden muss. Sollten keine hinreichenden Beweise vorhanden sein kann die Anzeige sehr schnell zu einem sprichwörtlichen Bumerang werden, wenn die Person, die aufgrund des Verdachts der Erbschleicherei angezeigt wurde, Gegenanzeige aufgrund falscher Verdächtigung stellt. Eine falsche Verdächtigung kann in Deutschland sehr schnell ernsthafte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Angehörigen oder Verwandten des Erblassers sollten daher zunächst die Beratung eines Rechtsanwalts für Erbrecht in Anspruch nehmen. Sollten sich die Verdachtsmomente durch Beweise erhärten, kann auch eine Erbunwürdigkeitsfeststellung bei dem jeweilig zuständigen Nachlassgericht mittels Antrag erreicht werden. Wir stehen als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei sehr gern zur Verfügung.