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Wirksamkeit Erbschaftsausschlagung durch Betreuer – Rechtskraft Genehmigungsbeschluss

Verzögerte Genehmigung – kein Hindernis! Selbst Jahre später bestätigt ein Gericht die Wirksamkeit einer Erbschaftsausschlagung für einen Betreuten. Ein wegweisender Beschluss, der die Rechte von Betreuten stärkt und für Rechtssicherheit sorgt.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Beschwerde einer Nichte gegen die Versagung eines Erbscheins wurde zurückgewiesen.
  • Die Entscheidung betrifft das Testament einer verstorbenen Erblasserin, die ihre Nichte und ihren Sohn als Erben eingesetzt hat.
  • Der Sohn der Erblasserin hatte eine vorläufige Betreuung, die das Ausschlagen der Erbschaft erforderte.
  • Die Betreuerin des Sohnes war nicht in der Lage, die Erbschaft ohne notariell beglaubigte Vollmacht auszuschlagen.
  • Das Amtsgericht erteilte der Betreuerin die Genehmigung für die Ausschlagung der Erbschaft.
  • Die Ausschlagung der Erbschaft erfolgte formal korrekt durch die Ehefrau des Sohnes und wurde notariell beglaubigt.
  • Das Amtsgericht erkannte die Ausschlagung an, nachdem die Genehmigung des Betreuungsgerichts erteilt wurde.
  • Die Nichte konnte den Erbschein nicht erhalten, da der Sohn bereits die Erbschaft ausgeschlagen hatte.
  • Der Beschluss stellt klar, dass eine Ausschlagung durch einen Betreuer besonderen Anforderungen unterliegt.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf zukünftige Fälle, in denen Erbschaftsausschlagungen durch Betreuer durchgeführt werden müssen.

Erbschaftsausschlagung durch Betreuer: Ein wegweisender Fall und seine Konsequenzen

Die Erbschaftsausschlagung ist ein bedeutender rechtlicher Schritt, der oft in komplexen familiären und finanziellen Situationen erforderlich wird. Wenn ein Erbe von ihrem Recht auf die Erbschaft absehen möchte, um eventuell unliebsame Verbindlichkeiten oder unerwartete Verpflichtungen zu vermeiden, kann dies erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Besonders in Fällen, in denen eine Person nicht in der Lage ist, eigenständig Entscheidungen zu treffen, beispielsweise aufgrund einer Betreuung, kommt der Rolle des Betreuers eine entscheidende Bedeutung zu.

Die Wirksamkeit einer solchen Ausschlagung hängt stark von mehreren Faktoren ab, einschließlich der rechtlichen Genehmigung des entsprechenden Beschlusses durch die zuständigen Behörden. Hierbei spielt die Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses eine zentrale Rolle: Ist dieser erst einmal ergangen, bindet er nicht nur den Betreuer, sondern auch die gerichtlich festgelegten Rahmenbedingungen müssen beachtet werden, um die Rechte des Erblassers und der Erben zu wahren.

Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Thematik aufgreift, um die rechtlichen Strukturen und die Praxis der Erbschaftsausschlagung durch einen Betreuer besser zu erläutern.

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Der Fall vor Gericht


Erbschaftsausschlagung für Betreuten: OLG Karlsruhe bestätigt Wirksamkeit trotz verzögerter Genehmigung

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem Beschluss vom 22.07.2024 die Wirksamkeit einer Erbschaftsausschlagung für einen Betreuten bestätigt, obwohl die betreuungsgerichtliche Genehmigung erst lange nach Ablauf der regulären Ausschlagungsfrist erteilt wurde. Der Fall drehte sich um die Auslegung erbrechtlicher und betreuungsrechtlicher Vorschriften und deren Zusammenspiel bei der Fristberechnung für Erbausschlagungen.

Hintergrund des Rechtsstreits

Eine Erblasserin hatte in ihrem Testament ihre Nichte und ihren Sohn als Erben eingesetzt. Für den Sohn war aufgrund einer Behinderung eine Betreuung eingerichtet worden. Seine Ehefrau wurde als Betreuerin bestellt, unter anderem für den Aufgabenkreis „Ausschlagung der Erbschaft“. Die Betreuerin erklärte form- und fristgerecht die Ausschlagung der Erbschaft für ihren betreuten Ehemann. Die erforderliche betreuungsgerichtliche Genehmigung dieser Ausschlagung erfolgte jedoch erst über zwei Jahre später.

Rechtliche Kernfrage

Die zentrale Frage war, ob die Ausschlagung trotz der stark verzögerten Genehmigung noch wirksam war. Nach den gesetzlichen Vorschriften muss eine Erbausschlagung grundsätzlich innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Erbfall erklärt und genehmigt werden.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Karlsruhe bestätigte die Wirksamkeit der Ausschlagung. Es stützte sich dabei auf die Vorschrift des § 1858 Abs. 3 BGB, wonach der Ablauf gesetzlicher Fristen während eines Genehmigungsverfahrens gehemmt ist. Diese Hemmung endet erst mit der Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses. Das Gericht betonte, dass es für die Fristwahrung ausreicht, wenn die Genehmigung rechtzeitig beantragt wurde. Die tatsächliche Erteilung der Genehmigung kann dann auch deutlich später erfolgen, ohne dass dies die Wirksamkeit der Ausschlagung beeinträchtigt.

Begründung und rechtliche Erwägungen

Das Gericht argumentierte, dass die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens nicht in der Hand des Antragstellers liegt. Es wäre mit dem Schutzzweck der gerichtlichen Genehmigungserfordernisse unvereinbar, wenn die Interessen der durch das Genehmigungserfordernis geschützten Person zwangsläufig gefährdet würden, nur weil das Genehmigungsverfahren nicht rechtzeitig abgeschlossen wird. Das OLG verwies auch auf die neue Rechtslage seit 01.01.2023, nach der der Fristablauf während des Genehmigungsverfahrens ausdrücklich gehemmt ist.

Auswirkungen der Entscheidung

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe stärkt die Rechtsposition von Betreuten und ihren gesetzlichen Vertretern bei Erbausschlagungen. Sie schafft Rechtssicherheit in Fällen, in denen sich betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren verzögern. Betreuer können nun darauf vertrauen, dass eine fristgerecht erklärte Ausschlagung nicht allein deshalb unwirksam wird, weil die Genehmigung erst nach Ablauf der regulären Ausschlagungsfrist erteilt wird. Dies ist besonders relevant in komplexen Nachlasssituationen, bei denen eine sorgfältige Prüfung der Vor- und Nachteile einer Erbausschlagung erforderlich ist.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung des OLG Karlsruhe stärkt den Schutz Betreuter bei Erbausschlagungen, indem sie klarstellt, dass die Ausschlagungsfrist während des Genehmigungsverfahrens gemäß § 1858 Abs. 3 BGB gehemmt ist. Dies gilt unabhängig von der Dauer des Verfahrens. Entscheidend ist allein, dass die Genehmigung rechtzeitig beantragt wurde. Die Rechtssicherheit für Betreuer und Betreute wird dadurch erhöht, da die Wirksamkeit der Ausschlagung nicht von der Verfahrensdauer abhängt.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie als Betreuer eine Erbschaft für einen Betreuten ausschlagen möchten, gibt Ihnen dieses Urteil mehr Sicherheit und Zeit. Sie müssen die Ausschlagung zwar innerhalb der üblichen Frist von sechs Wochen beim Nachlassgericht einreichen, aber Sie müssen sich keine Sorgen machen, wenn die betreuungsgerichtliche Genehmigung länger dauert. Die Frist wird automatisch gehemmt, solange das Genehmigungsverfahren läuft. Wichtig ist nur, dass Sie die Genehmigung rechtzeitig beantragen. Sie müssen also nicht unter Zeitdruck eine möglicherweise voreilige Entscheidung treffen, sondern können die Vor- und Nachteile der Ausschlagung sorgfältig abwägen. Auch wenn das Genehmigungsverfahren sich über Monate oder sogar Jahre hinzieht, bleibt die Ausschlagung wirksam, sofern Sie alle Schritte fristgerecht eingeleitet haben.


FAQ – Häufige Fragen

Willkommen in unserer FAQ-Rubrik, die sich mit wichtigen rechtlichen Themen rund um die Erbschaftsausschlagung und Betreuung beschäftigt. Hier finden Sie prägnante Informationen und Antworten auf häufig gestellte Fragen, die Ihnen dabei helfen, Klarheit über Ihre rechtlichen Möglichkeiten und Pflichten zu gewinnen. Tauchen Sie ein und erhalten Sie wertvolle Einblicke in diese komplexen Themen, die oft entscheidende Auswirkungen auf Ihr Leben haben können.


Was ist eine Erbschaftsausschlagung und welche Gründe können dafür sprechen?

Eine Erbschaftsausschlagung ist die rechtliche Möglichkeit, ein Erbe abzulehnen. Sie stellt eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung dar, durch die der Erbe sein Erbrecht aufgibt. Diese Erklärung muss gegenüber dem Nachlassgericht abgegeben werden und ist an eine Frist von sechs Wochen gebunden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der Erbe von seinem Erbfall und seiner Berufung als Erbe Kenntnis erlangt.

Für eine Erbschaftsausschlagung können verschiedene Gründe sprechen. Ein häufiger Grund sind Schulden des Erblassers, die den Wert des Nachlasses übersteigen. In diesem Fall würde der Erbe für die Verbindlichkeiten des Verstorbenen haften und müsste diese aus seinem eigenen Vermögen begleichen. Durch die Ausschlagung kann er sich vor dieser finanziellen Belastung schützen.

Ein weiterer Grund kann die Vermeidung von Streitigkeiten innerhalb der Familie sein. Wenn beispielsweise mehrere Erben vorhanden sind und Konflikte bei der Aufteilung des Erbes zu erwarten sind, kann eine Ausschlagung dazu beitragen, diese Auseinandersetzungen zu vermeiden.

In manchen Fällen kann eine Erbschaftsausschlagung auch aus steuerlichen Gründen sinnvoll sein. Wenn durch die Annahme des Erbes eine hohe Erbschaftssteuer anfallen würde, die den tatsächlichen Nutzen des Erbes übersteigt, kann eine Ausschlagung vorteilhaft sein.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Ausschlagung unwiderruflich ist. Sobald die Erklärung wirksam abgegeben wurde, kann sie nicht mehr rückgängig gemacht werden. Der Ausschlagende verliert damit alle Rechte am Nachlass, einschließlich etwaiger Pflichtteilsansprüche.

Bei der Entscheidung über eine Erbschaftsausschlagung sollte auch berücksichtigt werden, dass der Erbteil im Falle einer Ausschlagung an die nächsten Erben in der Erbfolge übergeht. Dies können die eigenen Kinder oder andere Verwandte sein. Eine genaue Prüfung der Nachlasssituation und der persönlichen Umstände ist daher unerlässlich.

In Bezug auf die Wirksamkeit einer Erbschaftsausschlagung durch einen Betreuer ist ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22.07.2024 (Az.: 14 W 28/24) relevant. Das Gericht entschied, dass die Ausschlagung durch einen Betreuer erst mit der Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses wirksam wird. Dies unterstreicht die Bedeutung der gerichtlichen Kontrolle bei Entscheidungen, die von Betreuern für ihre Betreuten getroffen werden.

Die Entscheidung für oder gegen eine Erbschaftsausschlagung sollte wohlüberlegt sein und alle rechtlichen und finanziellen Aspekte berücksichtigen. Eine sorgfältige Prüfung des Nachlasses, einschließlich möglicher versteckter Schulden oder Vermögenswerte, ist unerlässlich. In komplexen Fällen kann die Konsultation eines Fachanwalts für Erbrecht ratsam sein, um alle Konsequenzen der Entscheidung vollständig zu erfassen.

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Welche Schritte sind erforderlich, um eine Erbschaft für einen Betreuten auszuschlagen?

Die Ausschlagung einer Erbschaft für einen Betreuten erfordert ein sorgfältiges und formelles Vorgehen. Der Betreuer muss zunächst Kenntnis vom Erbfall erlangen. Diese Kenntnis kann durch eine Mitteilung des Nachlassgerichts, eines Testamentsvollstreckers oder anderer Beteiligter erfolgen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die gesetzliche Ausschlagungsfrist von sechs Wochen zu laufen.

Der Betreuer muss dann prüfen, ob die Ausschlagung im besten Interesse des Betreuten liegt. Hierbei sind insbesondere die finanzielle Situation des Nachlasses und mögliche Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Eine sorgfältige Abwägung ist unerlässlich, da die Ausschlagung unwiderruflich ist.

Entscheidet sich der Betreuer für die Ausschlagung, muss er einen Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung stellen. Dieser Antrag ist beim zuständigen Betreuungsgericht einzureichen. Das Gericht prüft, ob die Ausschlagung dem Wohl des Betreuten dient.

Die eigentliche Ausschlagungserklärung erfolgt durch den Betreuer gegenüber dem Nachlassgericht. Sie muss zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form erklärt werden. Wichtig ist, dass die Ausschlagung innerhalb der sechswöchigen Frist erklärt wird.

Nach einem aktuellen Beschluss des OLG Karlsruhe vom 22.07.2024 (Az.: 14 W 28/24) wird die Ausschlagung durch den Betreuer erst mit Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses wirksam. Dies bedeutet, dass der Betreuer zwar die Ausschlagung innerhalb der Frist erklären muss, die Wirksamkeit jedoch von der späteren gerichtlichen Genehmigung abhängt.

Der Betreuer muss nach Erhalt des Genehmigungsbeschlusses dessen Rechtskraft abwarten. Die Rechtskraft tritt in der Regel zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses ein, sofern keine Beschwerde eingelegt wird. Erst mit Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses ist die Ausschlagung endgültig wirksam.

Es ist ratsam, dass der Betreuer alle Schritte sorgfältig dokumentiert und alle relevanten Unterlagen aufbewahrt. Dies dient nicht nur der eigenen Absicherung, sondern erleichtert auch eventuelle spätere Nachfragen oder Überprüfungen.

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Was passiert, wenn die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Erbschaftsausschlagung verspätet erfolgt?

Die verspätete betreuungsgerichtliche Genehmigung einer Erbschaftsausschlagung kann erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. Grundsätzlich muss die Ausschlagung einer Erbschaft innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung erfolgen. Bei einer unter Betreuung stehenden Person ist jedoch zu beachten, dass die Ausschlagung durch den Betreuer zusätzlich der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in seinem Beschluss vom 22.07.2024 (Az.: 14 W 28/24) eine wichtige Klarstellung zu dieser Thematik vorgenommen. Demnach ist die Ausschlagung einer Erbschaft durch einen Betreuer auch dann wirksam, wenn die erforderliche betreuungsgerichtliche Genehmigung erst nach Ablauf der Ausschlagungsfrist erteilt wird. Diese Entscheidung stärkt den Schutz von betreuten Personen erheblich.

Die Wirksamkeit der Ausschlagung hängt in solchen Fällen von zwei Faktoren ab: Erstens muss die Ausschlagungserklärung selbst fristgerecht erfolgt sein. Zweitens muss die betreuungsgerichtliche Genehmigung vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses vorliegen. Es ist dabei unerheblich, ob die Genehmigung innerhalb oder außerhalb der regulären Ausschlagungsfrist erteilt wird.

Diese Rechtsauffassung basiert auf dem Schutzzweck der betreuungsrechtlichen Vorschriften. Sie sollen sicherstellen, dass die Interessen der betreuten Person gewahrt bleiben, ohne dass formale Fristen zu einer Benachteiligung führen. Das Gericht argumentiert, dass eine strikte Bindung an die Ausschlagungsfrist dem Zweck der betreuungsgerichtlichen Genehmigung zuwiderlaufen würde.

Für die Praxis bedeutet dies, dass Betreuer die Ausschlagung einer Erbschaft im Namen des Betreuten fristgerecht erklären sollten, auch wenn die gerichtliche Genehmigung noch aussteht. Die Genehmigung kann dann nachträglich eingeholt werden, ohne dass die Wirksamkeit der Ausschlagung gefährdet ist. Dies gibt dem Betreuungsgericht die notwendige Zeit, um die Interessen des Betreuten sorgfältig zu prüfen, ohne durch den Fristablauf unter Druck zu geraten.

Es ist jedoch zu beachten, dass diese Regelung spezifisch für betreute Personen gilt. Bei nicht betreuten Personen bleibt die strikte Einhaltung der Ausschlagungsfrist weiterhin erforderlich. Die Entscheidung des OLG Karlsruhe schafft somit einen wichtigen Ausgleich zwischen dem Schutz betreuter Personen und der Rechtssicherheit im Erbrecht.

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Welche Fristen müssen bei der Erbschaftsausschlagung für Betreute beachtet werden?

Welche Fristen müssen bei der Erbschaftsausschlagung für Betreute beachtet werden?

Bei der Erbschaftsausschlagung für Betreute gelten besondere Fristen, die sowohl vom Betreuer als auch vom Betreuungsgericht beachtet werden müssen. Die grundsätzliche Ausschlagungsfrist beträgt sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Betreute von seinem Erbfall Kenntnis erlangt hat. Diese Frist gilt auch für den Betreuer, der im Namen des Betreuten handelt.

Für den Betreuer beginnt die Frist mit seiner Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und der Betreuung. Es ist wichtig zu beachten, dass die Ausschlagungserklärung des Betreuers der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf. Diese Genehmigung muss innerhalb der sechswöchigen Ausschlagungsfrist beantragt werden.

Eine Besonderheit tritt ein, sobald der Betreuer die Genehmigung des Betreuungsgerichts beantragt hat: Die Ausschlagungsfrist wird gehemmt. Dies bedeutet, dass der Fristablauf während des Genehmigungsverfahrens pausiert. Die Hemmung beginnt mit der Einreichung des Genehmigungsantrags beim Betreuungsgericht und endet mit der Zustellung des Genehmigungsbeschlusses an den Betreuer.

Nach der Zustellung des Genehmigungsbeschlusses an den Betreuer läuft die Ausschlagungsfrist weiter. Der Betreuer muss dann die Ausschlagungserklärung innerhalb der noch verbleibenden Frist gegenüber dem Nachlassgericht abgeben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Ausschlagungserklärung erst mit der Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses wirksam wird.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in seinem Beschluss vom 22.07.2024 (Az.: 14 W 28/24) klargestellt, dass die Wirksamkeit der Erbschaftsausschlagung durch den Betreuer von der Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses abhängt. Dies bedeutet, dass selbst wenn der Betreuer die Ausschlagungserklärung fristgerecht beim Nachlassgericht einreicht, diese erst mit der Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses ihre volle Wirkung entfaltet.

In der Praxis ist es daher ratsam, dass der Betreuer unmittelbar nach Kenntniserlangung von der Erbschaft die Genehmigung des Betreuungsgerichts beantragt. Dies maximiert die zur Verfügung stehende Zeit für das Genehmigungsverfahren und die anschließende Abgabe der Ausschlagungserklärung. Der Betreuer sollte stets im Blick behalten, dass nach Zustellung des Genehmigungsbeschlusses nur noch die Restfrist zur Abgabe der Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht zur Verfügung steht.

Für das Betreuungsgericht ergibt sich die Notwendigkeit, den Genehmigungsantrag zügig zu bearbeiten, um dem Betreuer ausreichend Zeit für die fristgerechte Abgabe der Ausschlagungserklärung zu gewähren. Die Einhaltung dieser Fristen ist von entscheidender Bedeutung, da eine verspätete Ausschlagung zur Annahme der Erbschaft führen kann, was möglicherweise nicht im Interesse des Betreuten liegt.

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Welche Konsequenzen hat die Erbschaftsausschlagung für den Betreuten und die anderen Erben?

Die Erbschaftsausschlagung durch einen Betreuer hat weitreichende Folgen für den Betreuten und die anderen Erben. Für den Betreuten bedeutet die Ausschlagung, dass er vollständig aus der Erbenstellung ausscheidet und keinerlei Ansprüche mehr auf das Erbe hat. Dies gilt sowohl für Vermögenswerte als auch für etwaige Schulden des Nachlasses. Der Betreute verliert dadurch jegliches Recht auf Teilhabe am Nachlass und kann auch keine Pflichtteilsansprüche mehr geltend machen.

Für die anderen Erben ergeben sich durch die Ausschlagung des Betreuten ebenfalls bedeutende Konsequenzen. Ihre Erbquoten erhöhen sich entsprechend, da der Anteil des ausschlagenden Erben auf sie übergeht. Dies kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Einerseits profitieren sie von einem größeren Erbteil und damit potenziell höheren Vermögenswerten. Andererseits haften sie im gleichen Zuge auch für einen größeren Anteil an möglichen Nachlassverbindlichkeiten.

Die Wirksamkeit der Erbausschlagung durch den Betreuer ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Gemäß einem aktuellen Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22.07.2024 (Az.: 14 W 28/24) wird die Ausschlagung erst mit der Rechtskraft des betreuungsgerichtlichen Genehmigungsbeschlusses wirksam. Dies bedeutet, dass die Ausschlagung erst dann ihre volle rechtliche Wirkung entfaltet, wenn der Genehmigungsbeschluss nicht mehr angefochten werden kann.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Ausschlagung unwiderruflich ist. Sobald sie wirksam erklärt wurde, kann sie nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung durch den Betreuer im Interesse des Betreuten. Alternative Optionen zur Ausschlagung, wie beispielsweise die Annahme des Erbes unter Vorbehalt der Haftungsbeschränkung, sollten stets in Betracht gezogen werden.

Die finanziellen Folgen einer Erbausschlagung können erheblich sein. Der Betreute verzichtet nicht nur auf potenzielle Vermögenswerte, sondern auch auf die Möglichkeit, von zukünftigen Wertsteigerungen des Nachlasses zu profitieren. Für die verbleibenden Erben kann dies eine Chance darstellen, ihre Erbschaft zu vergrößern, birgt aber auch das Risiko einer erhöhten Haftung für Nachlassverbindlichkeiten.

Im Falle einer überschuldeten Erbschaft kann die Ausschlagung für den Betreuten vorteilhaft sein, da er so vor einer persönlichen Haftung für Nachlassschulden geschützt wird. Die anderen Erben müssen in diesem Fall sorgfältig prüfen, ob sie das Erbe ebenfalls ausschlagen oder andere Maßnahmen ergreifen wollen, um ihre Haftung zu begrenzen.

Die Ausschlagung kann auch erbrechtliche Konsequenzen für nachfolgende Generationen haben. Schlägt ein Betreuter das Erbe aus, so geht sein Anteil auf seine Abkömmlinge über, sofern vorhanden. Diese haben dann ihrerseits die Möglichkeit, das Erbe anzunehmen oder auszuschlagen.

Besondere Beachtung verdient die Tatsache, dass die Ausschlagungsfrist von sechs Wochen erst mit der Rechtskraft des betreuungsgerichtlichen Genehmigungsbeschlusses zu laufen beginnt. Dies gibt den anderen Erben zusätzliche Zeit, ihre eigene Entscheidung bezüglich der Annahme oder Ausschlagung des Erbes zu treffen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Erblasser: Der Erblasser ist die verstorbene Person, von der das Erbe stammt. Im vorliegenden Fall ist die Erblasserin die Mutter, die ihr Testament hinterlassen hat.
  • Betreuung: Eine rechtliche Einrichtung zum Schutz von Personen, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung ihre Angelegenheiten nicht selbstständig regeln können. Im vorliegenden Fall steht der Sohn der Erblasserin unter Betreuung, da er behindert ist.
  • Betreuer: Eine vom Gericht bestellte Person, die die rechtlichen Angelegenheiten des Betreuten wahrnimmt. Im vorliegenden Fall ist die Ehefrau des Sohnes die Betreuerin und hat unter anderem den Aufgabenkreis „Ausschlagung der Erbschaft“.
  • Ausschlagungsfrist: Die gesetzlich festgelegte Frist, innerhalb derer ein Erbe die Erbschaft ausschlagen kann. Diese beträgt in der Regel sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls und der Berufung als Erbe (§ 1945 BGB).
  • Genehmigungsverfahren: Ein gerichtliches Verfahren, in dem ein Betreuer die Erlaubnis des Gerichts einholt, bestimmte Handlungen im Namen des Betreuten vorzunehmen, wie z.B. die Ausschlagung einer Erbschaft (§ 1822 Nr. 2 BGB).
  • Rechtskraft: Eine gerichtliche Entscheidung wird rechtskräftig, wenn sie nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden kann. Ab diesem Zeitpunkt ist die Entscheidung bindend und kann nicht mehr geändert werden. Im vorliegenden Fall war die Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses entscheidend für die Wirksamkeit der Erbausschlagung.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1945 BGB (Ausschlagungsfrist): Diese Vorschrift legt die grundsätzliche Frist für die Ausschlagung einer Erbschaft fest, nämlich sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls und der Berufung als Erbe. Im vorliegenden Fall war die Frage, ob diese Frist durch das Genehmigungsverfahren des Betreuungsgerichts gehemmt wurde.
  • § 1822 Nr. 2 BGB (Genehmigungspflicht): Diese Norm bestimmt, dass ein Betreuer für die Ausschlagung einer Erbschaft die Genehmigung des Betreuungsgerichts benötigt. Dies dient dem Schutz des Betreuten, da eine Erbausschlagung weitreichende Folgen haben kann.
  • § 1858 Abs. 3 BGB (Fristhemmung): Diese Vorschrift regelt die Hemmung von gesetzlichen Fristen während eines Genehmigungsverfahrens. Sie besagt, dass Fristen, die während eines solchen Verfahrens ablaufen würden, erst mit der Rechtskraft der Entscheidung über den Genehmigungsantrag weiterlaufen. Im vorliegenden Fall war entscheidend, dass die Ausschlagungsfrist durch das Genehmigungsverfahren gehemmt wurde.
  • § 1953 BGB (Erbunwürdigkeit): Diese Vorschrift definiert Fälle, in denen ein Erbe als erbunwürdig gilt und somit von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob die verspätete Genehmigung der Ausschlagung zu einer Erbunwürdigkeit führen könnte, was jedoch verneint wurde.
  • § 2229 BGB (gesetzliche Erbfolge): Diese Vorschrift regelt die gesetzliche Erbfolge, die dann zur Anwendung kommt, wenn kein wirksames Testament vorliegt oder ein Erbe die Erbschaft ausschlägt. Im vorliegenden Fall wurde die gesetzliche Erbfolge relevant, da der Sohn der Erblasserin die Erbschaft wirksam ausgeschlagen hatte.

Das vorliegende Urteil

OLG Karlsruhe – Az.: 14 W 28/24 (Wx) – Beschluss vom 22.07.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 vom 12.03.2024 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Lörrach vom 07.02.2024, Az. 23 VI 846/21, wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte Ziffer 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Versagung eines Erbscheins.

Die am XX.XX.19XX geborene Erblasserin ist am XX.XX.20XX verwitwet verstorben. Die Beteiligte Ziffer 1 ist die Nichte der Erblasserin, der Beteiligte Ziffer 2 der einzige Sohn der Erblasserin.

Die Erblasserin hat unter dem 13.02.2020 ein notarielles Testament errichtet (s.a. Akte des Amtsgerichts – Verwahrgericht – Lörrach, Az. 23 VI 595/20), nach welchem sie die Beteiligten zu ihren alleinigen Erben berufen hat, ihren Sohn mit drei Hundertstel mehr als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils und im Übrigen ihre Nichte. Zudem wurde geregelt, dass der Beteiligte Ziffer 2 Vorerbe ist und die Beteiligte Ziffer 1 die Stellung als Nacherbin hat sowie hinsichtlich des Erbteils des Beteiligten Ziffer 2 Testamentsvollstreckung angeordnet und die Beteiligte Ziffer 1 zur Testamentsvollstreckerin ernannt. Das Testament wurde am 28.07.2021 durch das Amtsgericht – Nachlassgericht – Lörrach eröffnet.

Für den Beteiligten Ziffer 2 war gemäß Beschluss des Amtsgerichts – Betreuungsgericht – Lahr vom 02.09.2021 – 4 XVII 261/21 zunächst eine vorläufige Betreuung bis 01.03.2022 eingerichtet (s.a. Akte des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband „Kopien 4 XVII 261/21 S., R:“). Zur Betreuerin wurde seine Ehefrau für den Aufgabenkreis „Ausschlagung der Erbschaft (Erblasserin I. S., geb. Sch., verstorben am XX.XX.20XX)“ bestellt. Dies war laut der Begründung im vorgenannten Beschluss erforderlich, weil die privatschriftlich erteilte Vorsorgevollmacht vom 10.04.2017 zur Ausschlagung der angefallenen Erbschaft ungenügend war, da die Ausschlagung durch einen Bevollmächtigten eine öffentlich beglaubigte Vollmacht voraussetzt. Eine erneute Bestellung der Ehefrau zur Betreuerin für den Aufgabenkreis „Nachlassangelegenheiten“ und „Immobilienangelegenheiten“ erfolgte mit Beschluss des Amtsgerichts – Betreuungsgericht – Lahr vom 23.07.2023 – 4 XVII 261/21 (AS 135 ff.).

Die Ehefrau des Beteiligten Ziffer 2 hat als dessen Betreuerin mit notariell beglaubigter Erklärung vom 06.09.2021 das Erbe für ihren Ehemann ausgeschlagen und dabei mitgeteilt, dass vom Anfall der Erbschaft seit dem 09.08.2021 Kenntnis besteht (Akte des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband „Ausschlagungsverfahren“, AS 3 ff.).

Die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 hat mit Schriftsatz vom 07.09.2021, eingegangen beim Amtsgericht – Nachlassgericht – Lörrach am 08.09.2021, die öffentlich beglaubigte Ausschlagungserklärung vorgelegt und mitgeteilt, dass bereits parallel die aufgrund der Betreuung erforderliche Genehmigung der Ausschlagungserklärung durch das Betreuungsgericht beantragt wurde (Akte des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband „Ausschlagungsverfahren“, AS 1).

Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 27.01.2023 (AS 2 ff.) hat die Beteiligte Ziffer 1 die Erteilung eines Erbscheins auf Grundlage des Testaments der Erblasserin beantragt.

Mit seit 26.09.2023 rechtskräftigem Beschluss des Amtsgerichts – Betreuungsgericht – Lahr vom 06.09.2023 – 4 XVII 261/21 wurde der Ehefrau des Beteiligten Ziffer 2 als Betreuerin zu der von ihr am 06.09.2021 erklärten Erbschaftsausschlagung die betreuungsgerichtliche Genehmigung erteilt (AS 191 ff.).

Mit Schriftsatz vom 29.09.2023 (AS 73), dem Amtsgericht – Nachlassgericht – Lörrach vorab per beA übermittelt und am 02.10.2023 postalisch zugegangen, hat die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 dem Nachlassgericht eine Ausfertigung des Beschlusses mit Rechtskraftvermerk übermittelt.

Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 16.11.2023 (AS 100 ff.) hat die Beteiligte Ziffer 1 trotz der zwischenzeitlich vorliegenden betreuungsgerichtlichen Genehmigung der Erbschaftsausschlagung an ihrem Erbscheinantrag festgehalten und dabei die Auffassung vertreten, die Ausschlagungserklärung sei verspätet. Dem trat die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 mit Schriftsätzen vom 27.11.2023 (AS 106 f.) und vom 08.12.2023 (AS 114 f.) entgegen.

Mit Verfügung vom 29.11.2023 (AS 111) wies das Nachlassgericht darauf hin, dass bezüglich der Frage, wann eine Hemmung wegen der Genehmigungsbedürftigkeit der Ausschlagung durch das Betreuungsgericht ende, auf die Rechtskraft des die Genehmigung erteilenden Beschlusses abzustellen sei.

Mit Schriftsätzen ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 12.12.2023 (AS 118 ff.) und vom 05.02.2024 (AS 232 ff.) hielt die Beteiligte Ziffer 1 trotz des gerichtlichen Hinweises an ihrem Erbscheinantrag fest, beantragte jedoch im erstgenannten Schriftsatz hilfsweise die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist. Die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 teilte mit Schriftsatz vom 22.12.2023 (AS 126 f.) mit, dass gegen den hilfsweise gestellten Antrag keine Einwände bestünden und verteidigte im Übrigen den Rechtsstandpunkt, dass es für das Ende der Hemmung nicht auf die Bekanntgabe, sondern auf die Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses des Betreuungsgerichts ankomme.

Das Amtsgericht – Nachlassgericht – Lörrach hat mit Beschluss vom 07.02.2024 (AS 237 ff.) die zur Erteilung des Erbscheins gemäß Antrag der Beteiligten Ziffer 1 vom 12.12.2023 erforderlichen Tatsachen festgestellt, den Antrag der Beteiligten Ziffer 1 vom 27.01.2023 auf Erteilung eines Erbscheins, welcher diese nicht als Alleinerbin, sondern als Erbin neben dem Beteiligten Ziffer 2 ausweisen soll, jedoch zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Nachlassgericht ausgeführt, der Beteiligte Ziffer 2 habe die Erbschaft entgegen der Rechtsansicht der Beteiligten Ziffer 1 wirksam, insbesondere fristgerecht ausgeschlagen. Vor allem sei entsprechend § 206 BGB bei erforderlicher betreuungsgerichtlicher Genehmigung der Ausschlagung – wie hier – die Ausschlagungsfrist gehemmt vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses mit Rechtskraftvermerk. Bei der Hemmung sei es auch nach zwischenzeitlichem Ablauf des Betreuungsverfahrens am 01.03.2022 geblieben, da der Beteiligte Ziffer 2 nach Ablauf geschäftsunfähig gewesen sei und deshalb keine Genehmigung nach § 1856 Abs. 3 BGB habe erklären können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen.

Gegen den Beschluss vom 07.02.2014 hat die Beteiligte Ziffer 1 mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 12.03.2024 (AS 258 ff.) Beschwerde eingelegt und diese u. a. damit begründet, das für die Hemmung der Ausschlagungsfrist herangezogene Vorliegen höherer Gewalt sei nicht mehr gegeben, wenn einem Beteiligten ein eigenes noch so kleines Verschulden vorzuwerfen sei. In diesem Zusammenhang könne vom Ausschlagenden im Hinblick auf die höhere Gewalt verlangt werden, auf Rechtsmittel zu verzichten, um so eine schnellere Rechtskraft herbeizuführen. Auch habe nach Beendigung des vorläufigen Betreuungsverfahrens keine Genehmigung mehr erteilt werden können. Im Übrigen habe die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 vor dem Betreuungsgericht erklärt, dass der für den Beginn der Ausschlagungsfrist maßgebliche Zugang des Schreibens des Amtsgerichts Lörrach unklar und das Schreiben möglicherweise bereits am 31.07.2021 zugegangen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Schriftsatz Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 18.03.2024 (AS 269 f.) hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und dabei ergänzend ausgeführt, dem Argument der Beschwerdeführerin, dass es bei der Führung des Genehmigungsverfahrens zu keinerlei verschuldeten Verzögerungen gekommen sein dürfe, werde nicht gefolgt. Entscheidend sei vielmehr das Schweben eines Genehmigungsverfahrens. Dabei komme es nicht darauf an, ob dieses Verfahren besonders effizient geführt werde. Soweit nunmehr der Zeitpunkt der Kenntniserlangung vom Erbfall in Frage gestellt werde, gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass bereits vor dem 09.08.2021 Kenntnis erlangt wurde und auch keine Möglichkeit der diesbezüglichen weiteren Sachaufklärung.

Mit Verfügung des Senats vom 28.03.2024 (AS II 3) wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme zum Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Lörrach vom 18.03.2024 gegeben. Eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Nachlassgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der am 27.01.2023 von der Beteiligten Ziffer 1 beantragte Erbschein nicht der materiell-rechtlichen Erbfolge entspricht und hat folgerichtig diesen Antrag zurückgewiesen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbscheins, der beide Beteiligten als Miterben ausweist, liegen nicht vor, da der Anfall an den Beteiligten Ziffer 2 gemäß § 1953 Abs. 1 BGB als nicht erfolgt gilt. Der Beteiligte Ziffer 2 hat die Erbschaft wirksam ausgeschlagen.

Die Ausschlagung des Beteiligten Ziffer 2 erfolgte gemäß § 1945 Abs. 1 BGB formgerecht durch Erklärung seiner Betreuerin vom 06.09.2021 in öffentlich beglaubigter Form. Der der Betreuerin nach dem Beschluss des Amtsgerichts – Betreuungsgericht – Lahr vom 02.09.2021 übertragene Aufgabenkreis erfasste dabei ausdrücklich die Ausschlagung.

Die Ausschlagung erfolgte fristgerecht. Die Ausschlagungsfrist des § 1944 Abs. 1 BGB ist gewahrt.

Die Frist begann mit dem Zeitpunkt, in welchem der Beteiligte Ziffer 2 als pflichtteilsberechtigter Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat, § 1944 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB.

Dies war nach Angaben seiner Ehefrau als dessen Betreuerin in der notariell beglaubigten Erklärung vom 06.09.2021 sowie dem Vortrag im Schriftsatz vom 08.12.2021, wonach das Schreiben des Nachlassgerichts vom 30.07.2021 mit dem Testament samt Eröffnungsprotokoll vom Beteiligten Ziffer 2 am 09.08.2021 im Briefkasten vorgefunden wurde, seit dem 09.08.2021 der Fall.

Soweit die Beteiligte Ziffer 1 erstmals in der Beschwerdeschrift vom 12.03.2024 ausführt, die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Ziffer 2 habe im Betreuungsverfahren vor dem Amtsgericht – Betreuungsgericht – Lahr erklärt, dass der Zugang des Schreibens des Nachlassgerichts vom 30.07.2021 unklar und das Schreiben möglicherweise bereits am 31.07.2021 zugegangen sei, so kommt es darauf nicht an.

Denn die Ausschlagungserklärung vom 06.09.2021 ist beim Nachlassgericht am 08.09.2021 und somit innerhalb der gemäß § 1944 Abs. 1 BGB sechswöchigen Ausschlagungsfrist eingegangen.

Allerdings war diese Erklärung wegen der noch ausstehenden betreuungsgerichtlichen Genehmigung zunächst schwebend unwirksam (s. a. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.04.2014 – 3 W 13/14, Rn. 11, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.02.2011 – 5 W 245/10 – 91, Rn. 25, juris m.w.N.). Die Unwirksamkeit wurde nicht dadurch geheilt, dass die Genehmigung innerhalb der regulären sechswöchigen Ausschlagungsfrist entsprechend § 1945 Abs. 3 Satz 2 BGB beim Nachlassgericht nachgereicht worden wäre. Denn sie ist vom Betreuungsgericht erst mit seit dem 26.09.2023 rechtskräftigen Beschluss vom 06.09.2023 erteilt worden und beim Nachlassgericht sodann erst vorab am 29.09.2023 über das besondere elektronische Anwaltspostfach und auf dem Postweg am 02.10.2023 eingegangen.

Gleichwohl ist die Ausschlagung nicht verfristet. § 1944 Abs. 2 Satz 3 BGB verweist auf § 206 BGB. Danach ist die Verjährung gehemmt, solange eine Rechtsverfolgung an höherer Gewalt scheitert. Höhere Gewalt liegt vor, wenn die Verhinderung auf Ereignissen beruht, die durch äußerste, billigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden kann (BayObLG, Beschluss vom 29.10.1997 – 1Z BR 62/97, FamRZ 1998, 642, 643 m.w.N.).

Das ist bei einer genehmigungsbedürftigen Ausschlagung der Fall, wenn die Genehmigung – wie hier – rechtzeitig beim Betreuungsgericht beantragt wurde, sich ihre Erteilung indes verzögert hat (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.04.2014 – 3 W 13/14, Rn. 12, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.02.2011 – 5 W 245/10-91, Rn. 26, juris m.w.N.; s. a. Grüneberg/Weidlich, BGB, 83. Aufl. 2024, § 1944 Rn. 7; Ivo, Die Erbschaftsausschlagung für das minderjährige Kind, ZEV 2002, 309, 313 f.). Denn die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens liegt nicht in der Hand des Antragstellers. Zudem wäre es mit dem Schutzzweck der gerichtlichen Genehmigungserfordernisse unvereinbar, wenn die Interessen der durch das Genehmigungserfordernis geschützten Person bei rechtzeitiger und auch im Übrigen pflichtgemäßer Antragstellung zwangsläufig dadurch in Gefahr gerieten, dass die Einhaltung der Ausschlagungsfrist davon abhinge, dass das Genehmigungsverfahren rechtzeitig abgeschlossen wird (so auch Lange, jurisPR-FamR 19/2011 Anm. 8).

Nun ordnet der seit 01.01.2023 gültige § 1858 Abs. 3 BGB an, dass der Ablauf einer gesetzlichen Frist während der Dauer des Genehmigungsverfahrens gehemmt ist. Die Hemmung endet mit Rechtskraft des Beschlusses über die Erteilung der Genehmigung, vorliegend am 26.09.2023. Da die Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, Art. 229 § 54 EGBGB, für genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte bzw. laufende Genehmigungsverfahren keine Sonderbestimmungen enthält, findet das neue Recht ab dem Inkrafttreten der Reform am 01.01.2023 für die Erteilung der Genehmigung durch das Gericht Anwendung, unabhängig davon, wann das genehmigungspflichtige Rechtsgeschäft vorgenommen bzw. das Genehmigungsverfahren eingeleitet worden ist (BeckOK BGB/Müller-Engels, 70. Ed. 01.05.2024, BGB § 1851 Rn. 48).

Hiernach ist trotz des Umstands, dass für die Ehefrau des Beteiligten Ziffer 2 zunächst nur eine vorläufige Betreuung bis zum 01.03.2022 eingerichtet war und unter Berücksichtigung der zutreffend vom Nachlassgericht für den Zeitraum nach 01.03.2022 festgestellten Geschäftsunfähigkeit und zugleich Betreuungsbedürftigkeit des Beteiligten Ziffer 2, für die auch das Betreuungsgutachten des Sachverständigen Dr. med. J. A. vom 30.12.2022 spricht (Akte des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Lörrach, Az. 23 VI 846/21, Sonderband „Kopien 4 XVII 261/21 S., R.“, AS 303 ff, 327) und welche von der Beschwerdeführerin nicht angegriffen wird, alleine auf die schließlich im Rahmen des Betreuungsverfahrens durch rechtskräftigen Beschluss des Betreuungsgerichts vom 06.09.2023 erklärte betreuungsgerichtliche Genehmigung der Erbschaftsausschlagung abzustellen. Denn das Betreuungsgericht hat die am 06.09.2021 von der zu diesem Zeitpunkt wirksamen gesetzlichen Vertreterin des Beteiligten Ziffer 2 formwirksam erklärte Ausschlagung genehmigt.

Zum Zeitpunkt der Einreichung der Ausschlagungserklärung durch die zu diesem Zeitpunkt wirksam bestellte Betreuerin des Beteiligten Ziffer 2 am 06.09.2021 war die Sechswochenfrist nach § 1944 Abs. 2 BGB noch nicht abgelaufen – unabhängig davon, ob Kenntniserlangung am 31.07.2021 oder erst am 09.08.2021 anzunehmen ist. Die Wirksamkeit der Ausschlagung trat bereits kraft Gesetzes mit Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses ein, § 1858 Abs. 3 Satz 2 BGB und es bedurfte keiner weiteren Handlungen mehr, um die Wirksamkeit der Ausschlagung herbeizuführen (Grüneberg/Götz, a. a. O., § 1858 Rn. 4; BeckOGK/Heinemann, 01.05.2024, BGB § 1944 Rn. 115; MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, 9. Aufl. 2024, § 1858 Rn. 9). Es ist ausreichend, wenn die erforderliche Genehmigung vor dem Ablauf der Frist beantragt wurde (BT-Drs. 19/24445, 292; MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, a. a. O., § 1858 Rn. 9 m.w.N.).

Die Überlegungen der Beschwerdeführerin, wonach der Beteiligte Ziffer 2 zur Beschleunigung auf die Rechtsmittel hätte verzichten müssen, widersprechen der Wertung des Gesetzgebers und sind mithin unbeachtlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Der Geschäftswert für die Gerichtsgebühren des Beschwerdeverfahrens bestimmt sich gemäß §§ 61 Abs. 1, 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GNotKG nach dem Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Das Nachlassgericht wird daher gebeten, die Akte nochmals vorzulegen, wenn der Wert des Nachlasses feststeht.

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sind nicht ersichtlich.


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