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Wohnrecht – Kapitalisierung bei Versterben des Verkäufers vor Eintragung

LG Limburg – Az.: 4 O 388/18 – Beschluss vom 22.02.2019

Der Antrag der Antragstellerin vom 18.12.2018 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Klägerin ist neben ihren Geschwistern … , und … … zu 1/3 Anteil Miterbin ihres am 05.04.2014 in … verstorbenen Bruders … .

Die Antragsgegnerin ist die Nichte des Erblassers.

Der Erblasser schloss mit der Antragsgegnerin unter dem 14.03.2014 einen notariellen Kaufvertrag über seinen im Grundbuch von … eingetragenen Grundbesitz. Zum Kaufgegenstand gehörte neben Ackerland und Grünland auch die Hof- und Gebäudefläche … des Bestandsverzeichnisses.

Der Kaufpreis betrug gemäß § 3 Nr. 1 86.000,- €, wobei auf die unbebauten Grundstücke ein Teilkaufpreis von 1500,00 € entfiel.

Der Grundbesitz war unter anderem mit einem Insitz- und Mitbenutzungsrecht der Frau … , in Abt. II lfd. Nr. 9 grundbuchmäßig belastet.

In § 3 Nr. 1, 2. Absatz des notariellen Vertrages heißt es wörtlich:

„Unter Berücksichtigung des zu übernehmenden Rechtes Abt. II lfd. Nr. 9 (kapitalisiert 32.317,00 €), eines für den Verkäufer einzutragenden Wohnrechtes gemäß § 7 dieser Urkunde (kapitalisiert 21.666,00 €) und der Übernahme von Pflegeleistungen (kapitalisiert 20.563,00 €) verbleibt ein Zahlungsbetrag von 10.000,00 €.“

In § 7 des notariellen Vertrages wurde das Wohnrecht des Verkäufers geregelt, der Jahreswert wurde mit jährlich 2.592,00 € beziffert. Ferner heißt es in § 7 Abs. 2 wörtlich:

„Dieses Recht ruht, solange der Verkäufer das übergebene Anwesen, gleich aus welchem Grund, verlassen hat. Geldersatz steht ihm nur zu, wenn der Käufer den Wegzug veranlasst hat, andernfalls werden Ersatzansprüche ausgeschlossen.“

Die Pflege des Verkäufers wurde in § 8 geregelt. Den Wert der Pflegeverpflichtung gaben die Kaufvertragsparteien mit einem Jahreswert von 2.460,00 € an.

Den ausgewiesenen Kaufpreis von 10.000,00 € zahlte die Antragsgegnerin.

Am 5.4.2014, knapp 3 Wochen nach Abschluss des Kaufvertrages verstarb der Erblasser überraschend.

Die Vormerkung zugunsten der Antragsgegnerin wurde am 21.03.2014 eingetragen.

Die Eigentumseintragung erfolgte am 12.05.2014. Zu einer Eintragung des Wohnrechtes kam es aufgrund des Todes des Erblassers nicht mehr.

Die Antragstellerin ist der Auffassung der notarielle Vertrag sei im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung so zu verstehen, dass die Antragsgegnerin zur Herauszahlung der kapitalisierten Werte für das nicht eingeräumte Wohnrecht und die nicht erbrachten Pflegeleistungen verpflichtet sei. Dementsprechend strebt sie eine Klage gegen die Antragsgegnerin zur Zahlung von 42.229,00 € an die Erbengemeinschaft an.

II.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da die angestrebte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Bereits nach dem eigenen Vorbringen der Partei ist der geltend gemachte Anspruch nicht gegeben. Ein Zahlungsanspruch über die bereits geleisteten 10.000,- € hinaus steht der Erbengemeinschaft nach dem verstorbenen Herrn … aus der notariellen Urkunde nicht zu.

Dem Erblasser selbst hätte über den vereinbarten Kaufpreis keine weitere Zahlung zugestanden, selbst für den Fall dass er das Wohnrecht und die Pflegeverpflichtung nicht in Anspruch genommen hätte.

Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Vertragsschließenden im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erforschen. Ausgangspunkt ist dabei der Wortlaut der Erklärung und der diesem zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwillen. Aus dem reinen Wortlaut der in § 3 vereinbarten Kaufpreiszahlung ergibt sich kein weiterer Zahlungsanspruch. Auch eine Auslegung der getroffenen Vereinbarungen führt zu keinem anderen Ergebnis. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Kaufvertragsparteien in § 7 vereinbart hatten, dass dem Verkäufer nur für den Fall Geldersatz für das einzuräumende Wohnrecht zustehen sollte, wenn der Käufer den Wegzug veranlasst habe. Andernfalls waren Ersatzansprüche ausgeschlossen. Die Parteien hatten also die Möglichkeit ins Auge gefasst, dass von dem Wohnrecht kein Gebrauch gemacht würde. Für diesen Fall sollte die Antragsgegnerin nicht verpflichtet sein, dem Verkäufer Ersatz zu leisten. Etwas anderes kann auch nicht für den Fall gelten, dass der Verkäufer noch vor Einräumung des Wohnrechts verstarb. Das Risiko für die Einräumung von Wohnrecht und Pflegeverpflichtung besteht für den Berechtigten eben darin, dass er dieses nicht in Anspruch nimmt bzw. nehmen kann und auf der anderen Seite hat der Verpflichtete das Risiko, dass sich die Berechtigung auf einen langen Zeitraum erstreckt. Dies haben die Kaufvertragsparteien entsprechend berücksichtigt. Eine anderweitige Auslegung ergibt sich auch nicht daraus, dass sie vorliegend in § 3 Abs. 2 die einzuräumenden Rechte kapitalisiert haben. Denn die Kapitalisierung der Rechte war jedenfalls nicht so zu verstehen, dass bei einem frühzeitigen Tod des Verkäufers ein Zahlungsanspruch zu Gunsten der Erben entstehen sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1 GKG, 118 Abs. 1 S. 4 ZPO.

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